Suchrony
VII u: Vozcoky Čp
12/18
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Sehr geehrter Herr Doktor.
In der Angelegenheit Kraus ca: „Sozialdemokrat“
/
Dr. Emil
Strauss / fand, wie Sie wissen, heute die fortgesetzte
Hauptverhandlung statt. Wie
vorauszusehen war, hat der Verteidi
ger, Dr. Schwelb, neue Beweisanträge gestellt und an
Stelle des
gescheiterten
Beweises durch Vorlesung der Publikationen des
Herrn K. über die in seinem Beweisantrage behaupteten
Tatsachen
den Beweis
durch die Zeugenaussage des Dr. Wolfgang Brügel
und
Dr. Emil Franzel beantragt.
Ich habe mich gegen die
Zulassung dieser
Beweise
energisch verwahrt und auf die Methode der Prozessführung
des Angeklagten, durch welche
die Verschleppung der Angelegenheit
und Verzögerung der
Urteilsfällung angestrebt wird, eindringlich
hingewiesen. Hiebei habe ich
die im Entwurfe für die Aeusserung
gegen den Delegierungsantrag
angeführten Umstände, soweit es in
diesem Rahmen möglich war,
zur Sprache gebracht.
Die Protokollierung gibt
wiederum kein vollständiges Bild des Ver
laufes der
Verhandlung, enthält aber immerhin in gedrängter
Form das Wesentliche. Ich gebe
Ihnen den Wortlaut des Protokollesin deutscher Uebersetzung
wieder und möchte zu den Anträgen des
Verteidigers, sowie zu dem erflossenen Beweisbeschluss, fol
gendes bemerken:
Nach der Judikatur des Obersten Gerichtes kann
der Wahrheitsbeweis auch
durch Tatsachen erbracht werden, die
erst nach der beleidigenden
Handlung erfolgt sind. Ich habe
– was nicht
protokolliert wurde – dagegen remonstriert, dass zum
Wahrheitsbeweis behauptete
Tatsachen herangezogen werden sollen,
die selbst nach den Angaben
der Verteidigung lange nach dem
Erscheinen des inkriminierten Artikels eingetreten
sein sollen,
sodass die
Wahrheit der inkriminierten Behauptungen durch diese
Tatsachen keinesfalls
bewiesen werden könnte. Trotzdem hat das
Gericht, eben unter Berufung auf die Judikatur des Obersten Gerichtes,
die beantragten Beweise zugelassen.
Der Passus über den Präsidenten der Republik ist für die nieder
trächtig
demagogische Prozessführung der Gegenpartei bezeichnend.
Präsident Beneš ist bekanntlich Nationalsozialist, also
Mitglied
einer Partei,
die trotz ihrem Namen absolut nicht marxistisch,
sondern eher antimarxistisch
ist. Heute fühlen sich die Herren
Sozialdemokraten durch eine
Bemerkung über den damaligen nationalsoziali
stischen Aussenminister in ihren patriotischen Gefühlen offenbar
verletzt! Es wird
interessant sein zu beobachten, wie sich Herr
Dr. Franzel bei seiner
Einvernahme benehmen wird und wie er auf
die zu erörternde Tatsache
reagieren wird, dass er nicht lange
vor Erscheinen des inkriminierten Artikels den zum
Beweise zu
gelassenen Huldigungsartikel
verfasst und veröffentlicht hat.
Ich bitte mir mitzuteilen,
was Sie und Herr K.
davon halten, dass an diese
beiden Zeugen die Frage gestellt wird,
ob sie den inkriminierten Artikel nicht verfasst haben.
Bei dieser Gelegenheit bitte
ich zur Kennt
nis
zu nehmen, dass die Vergleichstagfahrt im zweiten Prozess
gegen den „Sozialdemokrat“ für den 27. d.M. angeordnet
wurde.
Da ich annehme,
dass Herr K. mit diesen Leuten keinen
Vergleich
abschliessen
will, werde ich bei der Tagfahrt nicht inter
venieren, was
gleichbedeutend ist mit der Ablehnung eines
Vergleiches. Sollte Herr K. jedoch wünschen, dass interveniert
werde, dann bitte ich um
Weisungen über den Wortlaut einer
zu akzeptierenden
Satisfaktionserklärung.
Ich weiss nicht, ob Sie bei
der Einvernahme
des Herrn K. in Sachen Melantrich zu intervenieren
gedenken,
sende Ihnen
aber für alle Fälle eine Substitutionsvollmacht
ein.
Indem ich Sie bitte, Herrn K. meine besten
Grüsse zu bestellen und Sie
selbst herzlich grüsse, zeichne ich
in vorzüglicher
Hochachtung:
Dr. Turnovsky
2
Beilagen
Franz
Ferdinand.
Brügel, Radiovortrag abgesagt.
persönlich
angegriffen
Franzel,
Im Auftrag geschrieben
Kraus – als Zeuge