Sehr geehrter Herr Doktor.
Ich bestätige mit bestem
Dank den Empfang
Ihres gesch.
Schreibens vom 28. d.M. In der Angelegenheit der Berich
tigungen habe ich zur Kenntnis genommen, dass dem PRAGER TAGBLATT
ein Brief geschrieben wird,
der eine Weiterverfolgung dieser Berich
tigungsangelegenheit überflüssig macht. An den Redaktor der PRAGERPRESSE, Laurin, habe ich heute in dem
von Ihnen vorgeschlagenen Sinne
geschrieben. In der
Berichtigungsangelegenheit SOZIALDEMOKRAT
glau
be ich
aus dem Inhalte Ihres Briefes schliessen zu müssen, dass HerrK. die
Ueberreichung des Antrages nach § 14 der
Pressgesetznovelle
wünscht, denn die Einsendung einer zweiten, die erste abändernden Be
richtigung ist
selbstverständlich unmöglich. Die Ueberreichung einer
Widerrufsklage gegen den Sozialdemokrat möchte ich keinesfalls em
pfehlen, weil ich
– ebenso wie Sie – befürchte, dass es kaum gelingen
wird, nachzuweisen, dass die
in dem Prozessberichte verbreiteten Tat
sachen geeignet
sind, den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen des
Herrn K. zu gefährden. Dagegen glaube ich wohl, dass der
Prozessbe
richt zum Gegenstand einer neuen Ehrenbeleidigungsklage gemacht
werden kann, wobei zu
erwägen wäre, ob man in diesem Falle nicht ris
kieren sollte,
den Verteidiger Dr. Schwelb, als Autor,
gemeinsam mit
Dr. Strauss, als verantwortlichen Redakteur, zu
klagen.
Die Berichtigung für den
„TAGESBOTE“ habe ich mit der
Auslassung des ersten
Absatzes heute an den Redakteur des Blattes
abgesendet.
Ihre Mitteilungen über die
Nichtigkeitsbeschwerde
habe ich mit grossem Interesse gelesen. Zum Teil sind Ihre Aus
führungen, wie
Sie aus der inzwischen sicherlich eingelangten
Uebersetzung der von mir
verfassten Beschwerde ersehen haben
werden, in dieser Beschwerde
bereits enthalten. Insofern dies
nicht der Fall ist, werde
ich die von Ihnen angeregten Argumen
te noch
verwenden, wobei ich mich allerdings auf die rein juri
stischen
Argumente beschränken möchte, um den Schriftsatz, trotz
dem er an das Oberste Gericht gerichtet ist, welches
zweifellos
auf einem
höheren geistigen Niveau steht als der Prager
Pressesenat, durch Ihre ausgezeichneten, aber immerhin nicht ganz leicht
verständlichen Ausführungen
nicht allzu kompliziert zu fassen.
Ich danke Ihnen für die
Einsendung des Durchschlages des vorbereitenden Schriftsatzes in Angelegenheit Brünner-Arbeiterzeitung, der ein wirkliches Kunstwerk ist.
Hoffentlich
ist das Brünner-Gericht imstande, den Inhalt des
Schriftsatzes
zu erfassen
und zu würdigen.
Ich werde nach dem 1.V. d.J.
den Entwurf der neuen
Klage
in der Angelegenheit Sozialdemokrat
verfassen und Ihnen
zur
Genehmigung durch Herrn K. einsenden.
Die Herren Dr. Herrmann und Dr.
Gallia werde ich er
suchen, bei der Generalprokuratur wegen der Erhebung der Nichtig
keitsbeschwerde
zur Wahrung des Gesetzes einzuschreiten. Ausser-
dem werde ich, wie ich Herrn K. bereits mitgeteilt habe, diesbe
züglich auch noch
mit dem ihm gegenüber erwähnten hohen Mini
sterialbeamten sprechen. Ich hoffe, dass die Beschwerde und die
se Intervention
Erfolg haben werden.
Es wird mir leider nicht
möglich sein, Herrn K.
in Brünn aufzusuchen, da ich heute und morgen leider nicht ab
kommen kann.
Ihrem Wunsche entsprechend
retourniere ich Ihnen
die
Berichtigung SOZIALDEMOKRAT, deren Fassung
ich in diesem Sta
dium der Sache – wie gesagt – nicht abändern kann, und schliesse
Durchschläge der
abgeänderten Berichtigungen PRAGER PRESSE
und
TAGESBOTE für Ihre Akten bei.
Ich zeichne in
vorzüglichster Hochachtung und
mit besten Grüssen, Ihr ergebener:
Dr. Turnovsky
mit
Beilagen