Sehr geehrter Herr Kollege!


Ueber Wunsch des Herrn K. übersende ich
Ihnen den Durchschlag des an das ‚Prager Tagblatt‘ gerichteten
Briefes mit dem Ersuchen, ihn Herrn Fischer zu zeigen und dann
wieder zurückzusenden.


Zu meinem Brief vom 28. April 1936 hätte
ich noch nachzutragen (was sowohl für die Beurteilung der Wider
rufsklage in Betracht kommen dürfte, als auch eventuell für die
Fassung der Berichtigungen), dass in der Nr. 890–905 unter anderen
Stellen eine enthalten ist, die das Verhältnis des Herrn K. zu den
Opfern des Februaraufstandes besonders klar dartut, und beweist,
dass von einer Verunglimpfung derselben keine Rede sein kann,
sondern im Gegenteil, dass ihnen alle gebührende Ehre erwiesen
wurde. Diese Stelle befindet sich auf Seite 236 des Heftes und
hat den folgenden Wortlaut:


„Dem Autor jenes Kriegsdramas geht dessen Verewigung
nicht mit einem Denken überein, das – mit Vermissung des
‚Handstreichs‘ – über solche Termini und gar über ein
‚Sturmbaon des Schutzbundes‘ verfügt. Denn ob ‚Defensiv-Ideologie‘
oder ‚Offensiv-Ideologie‘ – machen wir uns doch mit Papier
nichts vor, was wir uns nicht vorstellen können; und erkennen
wir, dass es ein Leichtes ist, vom Schreibtisch aus Schmier
büchsen zum Losgehn zu bringen. Ehre dem Andenken jedes dieser
ärmsten Todesmutigen, die das hohle Wort des Demagogen getrie
ben hatte, als sie ‚die Demokratie verteidigten‘, und deren
Tragik eben darin besteht, die Phraseninhalte gar nicht gekannt
oder ihnen mehr geglaubt zu haben als die, die sie ermassen.
Es gibt in Wahrheit nur eine ‚Ideologie‘: zu wähnen, dass mit
Sprengstoff welches menschheitliche Ideal immer, demokratischer
oder kommunistischer Art, zu verwirklichen sei – ausser dem
einzigen der Gewalt, die im grossen Wettlauf von Phrase und
Technik den Vorsprung hat und der geringsten Minorität den
Triumpf über die Menschheit verschafft.“


Herr K. wäre dafür, dass man an der Stelle
der Berichtigung, die von den Arbeitern handelt, entweder neben der
bisherigen Fassung oder anstatt dieser zitiert, wie sich Herr K.
u.a. über die Opfer des Februaraufstandes geäussert hat. Er über
lässt es selbstverständlich Ihnen, ob Sie dies für zweckmässig
halten oder ob es Ihnen vorteilhafter erscheint, diese Eröffnung
für den Widerrufs- oder Ehrenbeleidigungsprozess aufzusparen.


Ferner fiel Herrn K. auf, dass auf Seite 5f.
meines Briefes insoferne eine Unebenheit besteht, als ich den
Gedankengang, der Richter habe sich durch die Anwendung des
Plurals gefangen, nicht unmittelbar mit dem Satz fortsetzte, nur
aus der richtigen Interpretation des Gesetzes heraus könne ein
Richter sagen, dass bloss über den ausdrücklichen Wunsch der
Parteien …. Ich beruhigte Herrn K. zwar, dass Sie sicherlich
trotz dieser Unebenheit mich vollauf verstehen wurden, er meinte
aber doch, es sei besser, Sie ausdrücklich darauf aufmerksam zu
machen.


Indem ich Ihnen die besten Grüsse des
Herr K. übermittele und Sie auch selbst herzlichst grüsse, zeichne
ich mit vorzüglicher kollegialer Hochachtung


Ihr ergebener


1 Beilage.