„Presseberichtigung“Prager TagblattPrager Presse


Sehr geehrter Herr Doktor.


Ihrem bei unserer heutigen telefoni
schen Unterredung geäusserten Wunsche entsprechend übersen
de ich Ihnen die Uebersetzungen der zwei Judikate, welche
die Bestimmung des § 18 des Ehrenschutzgesetzes behandeln.


Wenn ich daran gedacht habe, Sie zu
bitten, einen Artikel in einer österreichischen Fachzeit
schrift zu veröffentlichen, in welchem die Bedeutung der
betreffenden gesetzlichen Bestimmung und die Missdeutung
durch die Praxis, insbesondere durch das in unserer Ange
legenheit erflossene Urteil besprochen wird, so geschah
dies deshalb, weil ich annehme, dass die Generalprokuratur
dadurch veranlasst werden könnte, sich mit unserem Falle
eingehend zu befassen und die Nichtigkeitsbeschwerde zur
Wahrung des Gesetzes zu überreichen. Es ist mir bekannt,
dass die Generalprokuratur darauf bedacht ist, zu vermeiden,
dass die tschechoslowakische Justiz im Auslande diskreditiert
werde. Wenn also Herr Dr. G. aus Brünn, der in dieser Angele
genheit zu intervenieren versprach, dem betreffenden Refe
renten einen in Oesterreich erschienenen Artikel vorlegen
und dabei darauf hinweisen wird, dass das Fehlurteil im
Auslande Aufsehen erregt hat, wird der Referent sicherlich
eher geneigt sein, den Fall sorgfältig zu prüfen, als er es
ohne Hinweis auf den betreffenden Artikel voraussichtlich wäre.


Natürlich müsste man vermeiden, dass der Artikel
unter Ihrem Namen erscheint, weil man Sie doch als Anwalt des HerrnK. kennt, ebenso wie es taktisch verfehlt wäre, wenn ich einen solchen
Artikel in Oesterreich publizieren wollte. Sie werden sicherlich
genügend befreundete Anwälte haben, die den Artikel mit ihrem Namen
decken werden. Ich selbst kenne in Wien Herrn Dr. Oskar Heitler,
Wien – III, Lothringerstrasse 12, der voraussichtlich hiezu bereit
wäre und an den Sie sich, wenn Sie sonst niemand haben, unter Be
rufung auf mich wenden könnten.


Wenn es Ihnen also möglich wäre und wenn Sie es
für richtig halten, einen solchen Artikel zu lancieren, dann würde
mich das sehr freuen.


Sie haben sicherlich die Pressberichtigung der
über unsere Aufforderung im Prager Tagblatt veröffentlichten Press
berichtigung gelesen. Herr K. wünscht, dass diese Pressberichtigung von uns abermals berichtigt werde und hat mir in einer leider
zu kurzen Rücksprache die Art angegeben, in welcher die Berichti
gung abgefasst werden soll. Ich habe die Berichtigung verfasst
und sende Ihnen eine Kopie mit der Bitte ein, die Angelegenheit
mit Herrn K. zu besprechen, mir allfällige Abänderungswünsche be
kanntzugeben und mitzuteilen, ob im Falle der Verweigerung der Ver
öffentlichung der Antrag nach § 14 P.G.N., dessen Entwurf ich
Ihnen gleichfalls vorher einsenden würde, überreicht werden soll.


Ferner schliesse ich einen Durchschlag des
Briefes an Dr. Emil Strauss bei, in welchem die seinerzeit einge
sendete Berichtigung zurückgezogen und die Veröffentlichung einer
neuen, abgeänderten, verlangt wird. Da ich überzeugt bin, dass der
Sozialdemokrat diese Berichtigung ohne gerichtlichen Zwang nicht
veröffentlichen wird, verschiebe ich die Absendung des Briefes
bis zum Einlangen Ihres Berichtes darüber, ob Sie die Form der
Pressberichtigung und deren Inhalt für unanfechtbar halten.


Ich bin durch das Urteil im Pressprozesse
etwas kopfscheu geworden und möchte Herrn K. nicht gerne den Unan
nehmlichkeiten eines neuen erfolglosen Prozesses und den Folgen
aussetzen, die im Falle eines Unterliegens durch die Gelegenheit
zu neuerlicher schamloser Berichterstattung eintreten dürften.
Deswegen bitte ich Sie, auch diese Berichtigungsangelegenheit mit
Herrn K. zu besprechen und mir dann Ihre Ansicht mitzuteilen.


Dem Wunsche des Herrn K. entsprechend, habe ich
den Anwalt des „Prager Tagblatt“, Herrn Dr. Spitz, angerufen und ihn
gefragt, ob er die Gegenberichtigung des Dr. Schwelb gelesen und
vielleicht auf ihre formale Richtigkeit geprüft hat. Der genannte
Herr, mit dem ich befreundet bin und der mit der Gesellschaft vom
Prager Tagblatt“ ausserberuflich nichts zu tun hat / er ist beim
Anwalt des Tagblatt angestellt und tritt, wiewohl er offiziell als
Advokat eingetragen ist, nur als sein Substitut auf / teilte mir mit,
er habe diese Gegenberichtigung zwar gelesen, seine Kanzlei sei über
das Einlangen dieser Berichtigung nicht informiert und auch nicht
beauftragt worden, sich darüber zu äussern, ob sie veröffentlicht
werden müsse. Ich sagte ihm, dass von uns eine neuerliche Berichti
gung verlangt werden wird und dass die Absicht besteht, insbesondere
bei Verweigerung deren Veröffentlichung, das Tagblatt selbst wegen
der in der Berichtigung des Dr. Schwelb enthaltenen beleidigenden
Behauptungen zu klagen, ferner dass ich den Eindruck habe, dass es
sich hier um ein Komplott handelt, indem sich das Tagblatt offenbar zu
der verspäteten Veröffentlichung der von mir verlangten Berichti-
gung zu dem Zwecke entschlossen habe, um Dr. Schwelb die Möglich
keit zu einer Gegenberichtigung zu bieten, in welcher ebenso
wie in seinem Prozessberichte der wahre Sachverhalt entstellt
wird und dem Leser eingeredet werden soll, Dr. Strauss sei nach
Durchführung der Beweise und auf Grund eines erbrachten Wahrheits
beweises freigesprochen worden. Herr Dr. Spitz bemerkte, dass er
über die Hintergründe dieser ganzen Angelegenheit nicht informiert
sei, weil er immer nur mit dem verantwortlichen Redakteur telefo
nisch spreche und sich auf die rein juristische Beratung beschränke
er glaube aber, dass meine Ansicht nicht zutrifft, weil ihm Dr. Klepetář bei der Unterredung über unsere Berichtigung gesagt habe, es
werde darüber erwogen, ob man die Berichtigung trotz den festgestell
ten evidenten Formmängeln nicht doch bringen sollte und zwar aus
Rücksicht für die Person und das Ansehen des Einsenders.


Ich habe auch Herrn Chefredakteur Laurin angerufen
und den Empfang des Exemplars der Prager Presse mit Dank bestätigt.
Bei der Gelegenheit habe ich ihn gefragt, ob auch sein Blatt von
Dr. Schwelb eine Gegenberichtigung erhalten habe. Er antwortete, dass
dies bisher nicht geschehen ist und bemerkte, dass sich die PragerPresse allerdings bei Dr. Schwelb um die Einsendung einer solchen
Berichtigung nicht bewerben werde. Auf meine Bemerkung, dass das
ganze Verhalten des „Sozialdemokrat“ unerhört ist und einen Miss
brauch der formellen gesetzlichen Vorschriften darstellt, erwiderte
er nichts und war auch sonst zu keiner Meinungsäusserung zu brin
gen, ausser zu der, dass er zur Veröffentlichung der Berichtigung
gerne bereit war.


Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Doktor, mir in
allen diesen Angelegenheiten nach Rücksprache mit Herrn K., dessen
Weisungen bekanntzugeben. Sie werden wohl einsehen und Herr K.
wird es entschuldigen, wenn daß die eingesendeten Uebersetzungen und
dieser Brief infolge des notwendigen beschleunigten Arbeitstem
pos Mängel aufweisen.


Ich bitte Sie noch, Herrn K. von mir bestens
zu grüssen und bin mit herzlichen Grüssen an Sie und mit dem Aus
drucke der vorzüglichsten Hochachtung


ergebener:
Dr. Turnovsky


3 Beilagen


3