Erklärung.
Wir haben in der Nummer 105 vom 5. Mai 1936
eine „Presseberichtigung“ des Herrn Dr. Schwelb als rechtsfreund
lichen Vertreters des
verantwortlichen Redakteurs des
„Sozialdemokrat“, Dr. Emil Strauss, veröffentlicht.
Diese „Presseberichtigung“
richtet sich gegen die unter dem Titel „ProzessKarl Kraus – ‚Sozialdemokrat‘“ im „Prager Tagblatt“ vom 1. Mai 1936,Nr. 103, veröffentlichte
Nachricht. Wir haben uns überzeugt, dass
die Behauptung des Herrn Karl Kraus wahr
ist, der verantwortlicheRedakteur des „Sozialdemokrat“ sei aus einem formalen Grunde frei
gesprochen worden, und
dass der „Grund des materiellen Strafrech
tes“, auf
den sich Herr Dr. Schwelb beruft (§ 18 des Ehrenschutzgesetzes), eben die Unterlassung der Formalität bedeutet, sich
bei der Annahme einer
Ehrenerklärung in einem anderen Prozess die
Verfolgung für das schwebende
Verfahren vorzubehalten. Wir haben
uns überzeugt, dass der durch die Berichtigung des Herrn Dr. Schwelb
bewirkte Anschein, als ob der
Wahrheitsbeweis, der allerdings
„angetreten“ wurde, auch tatsächlich erbracht worden
wäre und
als ob dies zu dem
Freispruch irgend etwas beigetragen hätte,
dem Sachverhalt widerspricht.
Es lag uns ferne, den in die Berichtigung
aufgenommenen Hinweis auf den
Umstand, „dass
Herr Karl Kraus
nach
dem Februar 1934 seine
Stellung zum österreichischen Regime, zur
Heimwehr, zur Polizei, zu den
Habsburgern, zur Arbeiterbewegung
und zum Sozialismus
grundlegend geändert hat“, uns zu eigen zu
machen. Wir nehmen zur Kenntnis,
dass er das österreichische
Regime unter Schober, der sich dem Bekessy unterworfen, angegriffen
und das österreichische Regime
unter Dollfuss, der gegen Hitler
standhielt,
anerkannt
respektiert
hat; dass er die einstige nationalistische
Heimwehr angegriffen und die für
die Abwehr Hitlers tätige Heimwehr
nicht angegriffen, dass er die
Polizei Schobers in der Zeit der
Wirksamkeit Bekessys, der sie im Kontrast zur Machtentfaltung des
15. Juli 1927 erlegen ist,
angegriffen, und die Polizei Dollfuss’,
die im Kampf gegen
Böllerattentäte stand, anerkannthat; dass
er
seine Stellung zu den
Habsburgern nicht geändert, sondern einzig
den Widerspruch unerträglich
gefunden hat, dass „die Habsburger
von einer Partei ausgebürgert
waren, die den Bekessy eingebürgert
1hatte“, und dass er die Frage, wer die
Hofburg und Schönbrunn zu
bewohnen habe, jedenfalls nicht im Sinne des sozialdemokratischen
Regimes gelöst wünschte, welches
Herrn Max Reinhardt dortselbst
„einen seiner Prunkliebe und seinem
imperialen Bedürfnis halbwegs
angemessenen Wohnsitz eingeräumt“ hatte; dass er seine Stellung
zur Arbeiterbewegung und zum
Sozialismus nicht geändert hat,
sondern dass er stets für die Arbeiter und niemals für die
marxistischen Führer eingetreten
ist, dass er die österreichische
Sozialdemokratie seit mehr als zehn Jahren und insbesondere seit
ihrer Unterwerfung vor Bekessy und Schober angegriffen hat.