Die letzten Tage der MenschheitAus dem geistigen LebenDie österreichische RevolutionDer Kampf, April 1936Die Fackel


Ein Brünner Leser sendet uns Ihre auch sonst spannende
Aprilnummer zu, in der ein Herr Peter Robertsaus dem geistigenLeben“, also etwas weit hergeholt, zu erzählen weiß:


„… Die deutschen Schriftsteller, die im Lande geblie
ben sind, erklären sich als Herdenvieh und lassen sich in die
Schrifttumkammer einregimentieren, die österreichischen Schrift
steller paradieren als Individualisten, die freiwillig, ganz frei
willig, ihrem faschistischen Regime die Möglichkeit geben, sein
Kulturgeschwefel hervorzukehren. In Deutschland sind die Satyriker
wenigstens verschwunden und von keinem hat man gelesen, daß er an
den Opfern des Faschismus seinen Witz übte. In Österreich läuft
ein satyrischer Kerl herum, der, seit jeher und von seiner andau
ernden Puerilität an, ein berufsmäßiger Denunziant, nun auch in
seiner Senilität Menschen, die sich für eine Idee aufopfern, der
Grenzpolizei denunziert …“


Der Einsender macht zu dieser Stelle – welche vor allem
durch die Schreibart „Satyriker“ interessant ist, wie durch die
Meinung, daß eine andauernde Puerilität in Senilität übergehen
könne – die Randbemerkung: „Damit meint der Kerl zweifellos KarlKraus. Wie ich höre, ist Peter Roberts der Deckname für einen
Prager deutsch-jüdischen Universitätsprofessor“.


In dem Bewußtsein, welche Sätze der ‚Fackel‘ von dem
bösartigen Hohlkopf mißdeutet wurden, und daß diese in Wahrheit
eine Anspielung darauf bilden, daß Sie selbst sich nicht so sehr
für eine Idee, sondern eingestandenermaßen dem Bekessy aufgeopfert
haben, werden Sie wohl bereit sein, die Behauptung des Verfassers
zu widerrufen oder uns seinen Namen bekanntzugeben, da wir über
zeugt sind, daß kein Prager Schmock Peter Roberts heißt. Ihren
verantwortlichen Redakteur, der in Teplitz-Schönau die pflichtge
mäße Obsorge zu vernachlässigen hat, werden wir nicht belangen.
Wir nehmen an, daß ein revolutionärer, wenngleich etwas analpha-
betischer Autor den Mut haben wird, die Behauptung zu vertreten,
daß Herr Karl Kraus, dem Sie in Ihrem Buche „Die österreichischeRevolution“ gehuldigt und als „Dem Dichter der ‚Letzten Tage derMenschheit‘“ ein Exemplar handschriftlich gewidmet haben, mit der
Grenzpolizei in Verbindung stehe. Sollte aber Herr Peter Roberts,
wie einst Schober, dem sich Ihre Partei unterworfen hat, nicht ge
willt sein, persönlich hervorzutreten, oder seine Auffassung der
Mission eines Satyrikers von Ihnen nicht widerrufen werden, so
gestatten wir uns, ihn einen Lumpen und Sie einen Taktiker zu
nennen.


Mit vorzüglicher Hochachtung