Sehr geehrter Herr Doktor.


In der oben angeführten Angelegenheit
hat heute die Verhandlung über den Antrag nach § 14 Pressgesetznovelle stattgefunden. Es wurde konstatiert, dass die La
dung an Dr. Strauss nicht zugestellt werden konnte, da dieser
am Tage der versuchten Zustellung abwesend war und laut Mit
teilung des Dienstmädchens bis 8. oder 9. d.M. ausserhalb Prags
weilt. Ich hatte Gelegenheit, mit dem Richter, einem jungen
sehr entgegenkommenden Referenten, über die Sache zu sprechen.
Er ist der Ansicht, dass die Berichtigung in ihrem zweiten
Teile dem § 11 nicht entspricht und zwar deshalb, weil durch
sie die in der zu berichtigenden Nachricht enthaltenen Tat
sachen weder richtiggestellt noch widerlegt werden. Er findet
keine Antithese darin, dass wir der Behauptung, Dr. Strauss sei
vollinhaltlich freigesprochen worden, die Tatsache gegenüber
stellen, er sei ausschliesslich aus dem formalen Grunde des
§ 18 freigesprochen worden. Damit hat der Richter nun recht,
und man hat ja bei der Verfassung des Berichtigungschreibens
damit gerechnet, dass dieser zweite Teil der Berichtigung im
Sinne des § 14 Absatz 4 der Pressgesetznovelle einer Neufassung
unterzogen werden wird.


Der Richter hat mich aber auf einen Umstand auf
merksam gemacht, der die Abweisung des Antrages nach § 14Absatz 1 auch bezüglich des ersten Teiles der Berichtigung
zur Folge haben könnte. Bekanntlich muss nach § 13 die Berich
tigung nicht veröffentlicht werden, wenn sie das dreifache Aus
mass der ursprünglichen Nachricht übersteigt. Bisher wurde unter
Nachricht der ganze berichtigte Artikel verstanden. Nach einer
jüngst erflossenen Entscheidung des Kreis-Strafgerichtes als
Rekursinstanz ist unter „Nachricht“ nicht der ganze zu berich
tigende Artikel, sondern nur jene Behauptung zu verstehen,
deren Berichtigung verlangt wird. Wird also nur ein Teil des
ursprünglichen Artikels berichtigt, so darf die Berichtigung
das dreifache Ausmass dieses Teiles nicht übersteigen. Das
Rekursgericht ist so weit gegangen, dass es das zulässige
Grössenverhältnis durch Feststellung der Anzahl der Buchstaben
konstatiert und erkannt hat, die in dem betreffenden Falle
verlangte Berichtigung sei mit Recht verweigert worden.


Ich habe daher vorsichtshalber auch die Buchsta
ben unseres Berichtigungschreibens gezählt und festgestellt,
dass die berichtigende Stelle dieses Schreibens die berich
tigte Behauptung ihrem Ausmasse nach um mehr als das Dreifache
übersteigt, sodass die Gefahr besteht, dass der Antrag kosten
pflichtig abgewiesen wird.


Wir könnten, da die zweimonatige Frist des § 13Zahl 1 erst am 16. d.M. abläuft, Dr. Strauss ein neues Berichti
gungschreiben einsenden, in welchem auf die obige, wiederum
sehr geistreiche Entscheidung gebührend Bedacht genommen wird.


Ich bitte, darüber zu erwägen und die Wei
sung des Herrn K. einzuholen. Ich müsste allerdings die Ant
wort möglichst bald erhalten, damit ich die Frist einhalten
kann.


Sollte Herr K. die Einsendung eines neuen,
entsprechend gekürzten Berichtigungsschreibens mit vollständi
ger Auslassung der Berichtigung der zweiten Behauptung über
den vollinhaltlichen Freispruch nicht wünschen, dann wäre es
vielleicht besser, den Antrag überhaupt zurückzuziehen.


Ich sehe Ihrer gesch. Rückäusserung gerne
entgegen und zeichne in vorzüglichster Hochachtung und mit


besten Grüssen, Ihr ergebener:
Dr. Turnovsky


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