Europäische Hefte vereinigt mit dem Aufruf, Nr. 5Lumpenball


Sehr geehrter Herr Doktor.


Ich sende Ihnen in der Beilage die Nr. 5der „Europäischen Hefte vereinigt mit dem Aufruf“. Der Artikel
Lumpenball“ von Willi Schlamm enthält viele Ausfälle gegen
Herrn Kraus. Allerdings muss ich sagen, dass er vom Standpunkte
der Verantwortlichkeit nach dem Ehrenschutzgesetze ausserordent
lich geschickt verfasst ist. Nicht nur, dass Herr K. in diesem
Artikel nicht genannt wird, sondern insbesondere der Umstand,
dass die Herrn K. betreffenden Stellen nur für diejenigen ver
ständlich sind, die die Presse-Kampagne der „antifaszistischen“
Journalistik gegen Herrn K. kennen, wird die Verfolgung des
Autors wesentlich erschweren. Es kann natürlich keinem Zweifel
unterliegen, dass die betreffenden Stellen auf Herrn K. gemünzt
sind und dies wird, wenn es bestritten werden sollte, durch Sach
verständige oder Zeugen bewiesen werden können. Immerhin wird es
nicht leicht sein, das Gericht davon zu überzeugen, dass der ein
geweihte Leser wissen musste, wen der Autor des Artikels gemeint
hat und dass darum eine öffentliche Schmähung des Herrn K. vorliegt.
Ich verweise auf folgende Entscheidungen: Bei Beleidigungen gegen
nichtgenannte, aber durch passende Merkmale bezeichnete Personen
handelt es sich nicht darum, ob die Kläger den Artikel auf sich
beziehen, sondern ob nach den Erkenntnissen dritter Personen
der Artikel als ein Angriff auf die Ehre der Kläger aufgefasst
werden kann. Eine andere Entscheidung besagt, dass es in einem
solchen Falle notwendig ist, unwiderleglich zu beweisen, wen
der Täter gemeint hat und dass der blosse Eindruck dritter Per
sonen nicht hinreicht. Ich erwähne dies nur deshalb, weil ich
mir vorstellen kann, dass der Autor sogar imstande wäre, zu leug
nen, er habe Herrn K. gemeint. Dies kann ja allerdings durch die
Anspielungen selbst widerlegt werden / Nörgler, Zuspitzen von
Kontrasten, etc. /, aber ob man unseren Gerichten wird beibringen
können, dass die Bezeichnung des Klägers so ist, dass ihn wenig
stens der eingeweihte Leser erkennen und daher wissen musste,
dass er gemeint sei, erscheint mir nicht ganz gewiss. Doch darüber
können wir ja noch korrespondieren, bis Sie und Herr K. den Artikel
gelesen haben werden.


Mit dem Ausdrucke vorzüglichster Hochachtung
und besten Grüssen, Ihr ergebener:
Dr. Turnovsky


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