Sehr geehrter Herr Kollege!


Mit bestem Dank auch von seiten des HerrnK. bestätige ich den Empfang Ihres freundlichen Schreibens vom24. April 1936. Herr K. wird nach Ihrem Vorschlag am Mittwoch den
29. April nach Brünn kommen, und lässt Sie bitten, ihm ein ein
faches, ruhiges Zimmer in einem Hotel in der Nähe Ihrer Kanzlei
zu bestellen.


Bei der neuerlichen Durchsicht des Schriftsatzes, die eine Herrn K. befreundete Dame vorgenommen hat, wurden
noch einige Unebenheiten, ja sogar Fehler entdeckt. Ich weiss nicht,
ob es notwendig ist, deshalb einen eigenen Schriftsatz zu machen
oder ob es geht, dass Sie einfach zu Gericht hingehen und sie im
Original ausbessern.


Auf Seite 8 des Schriftsatzes, Zeile 13 ist das Wort
„Erkenntnis“ vielleicht nicht ganz verständlich und sollte besser
durch das Wort „Kenntnis“ ersetzt werden.


Auf Seite 12, Zeile 24 des Zitates ist ein Schreibfehler,
es soll richtig „Tendenz“ anstatt „Tedenz“ heissen.


Auf Seite 28, Zeile 2 bis 5 habe ich aus dem Schriftsatz
der Angeklagten zitiert, dass die Angeklagten behaupten, er (der
Privatkläger) gehe in der Mai-Nummer aus dem Jahre 1934 „schliess
lich so weit, dass er in ihr den Propagandaminister Oberst WalterAdam feiert“. Obwohl mir das Heft vorlag und ich sofort feststel
len konnte, dass es sich nicht um die Mai-Nummer aus dem Jahre 1934
handelte, in welchem Jahr keine Mai-Nummer erschienen ist, sondern
um die Mai-Nummer aus dem Jahre 1935, habe ich das falsche Zitat
aufgenommen. Es wäre also das Jahr „1934“ in „1935“ richtigzustel
len. Eine Absicht der Angeklagten bei diesem falschen Zitat des
Jahres liegt nicht vor, weil sie im Beweisantrag richtig die Mai-Nummer 1935 zitieren. Das Weitere wird Herr K. mit Ihnen persönlich
besprechen.


Dass die Klage an das Bezirksgericht abge
treten wurde, nimmt mich Wunder, weil doch nach den Vorschriften der
Strafprozessordnung sämtliche Strafsachen gegen die gleichen Ange
klagten miteinander zu verbinden sind und es sich hier überdies
um eine konnexe Strafsache handelt.


Wie Ihnen bekannt sein dürfte, ist im PragerProzess durch eine nach der Meinung des Herrn Dr. Turnovsky und
auch nach meiner Meinung falsche Auslegung des § 18 des Ehrenschutzgesetzes ein Malheur passiert, und ich möchte Sie deshalb
darauf aufmerksam machen, dass man sich vorsichtshalber, falls
nicht eine Wiedervereinigung stattfindet, in dem Prozess, in welchem
das Beweisverfahren zuerst geschlossen wird, das Verfolgungsrecht
für den anderen Prozess wird vorbehalten müssen. Dass dies notwen
dig ist, zeigt schon die Absurdität der Auffassung des Prager Gerichtes über diese Gesetzesstelle.


Wenn es mir möglich sein wird, möchte ich
gerne zur Hauptverhandlung nach Brünn kommen und würde mich freuen,
Sie bei dieser Gelegenheit wieder begrüssen zu können.


Ich bin mit vorzüglicher kollegialer
Hochachtung
Ihr ergebener