Sehr geehrter Herr Doktor.


Ich hatte vorgestern Gelegenheit, mit dem
Senatsvorsitzenden über die bevorstehende Hauptverhandlung
zu sprechen. Er hat mir erzählt, dass kürzlich Sonnenschein
bei ihm war – er kennt ihn aus gemeinsamen Kaffeehausbe
suchen, die offenbar schon vor längerer Seit einmal statt
gefunden haben – und dass er bei dieser Gelegenheit dem
Angeklagten sehr zugeredet habe, die Sache doch auszutragen.
Dabei hat der Vorsitzende, wie er mir sagte, dem Sonnenschein
dargelegt, dass er doch mit dem versuchten Wahrheitsbeweis
kaum durchdringen könnte und eine Verurteilung zu erwarten
habe. Sonnenschein soll unnachgiebig geblieben sein und
etwas von „prinzipiellen Standpunkten“ erwidert haben.


Ich habe demgegenüber erklärt, dass von unserer
Seite aus, obwohl wir unserer Sache durchaus sicher sind,
dennoch Vergleichsbereitschaft bestehe, natürlich nur dann,
wenn von Sonnenschein eine uns entsprechende Ehrenerklärung
abgegeben und die Verpflichtung zur Bezahlung der Kosten
übernommen wird.


Der Vorsitzende, dem an einem Vergleich offenbar
sehr viel gelegen wäre, hat mir schliesslich noch mitgeteilt,
er werde noch mit dem Herausgeber Kovanda, der ja für die
Kosten haftet, sprechen und ihn dazu zu veranlassen suchen,
dass dieser seinen Einfluss auf Sonnenschein im Sinne eines
Vergleiches ausübe.


Im Ganzen habe ich den Eindruck gewonnen, dass sich
der Richter doch schon ein wenig mit der Materie vertraut
gemacht hat und die Sache für uns nicht ungünstig beurteilt.


Ich freue mich, sehr geehrter Herr Doktor, Sie am
19. d.M. hier begrüssen zu dürfen, danke Ihnen herzlichst
für den liebenswürdigen Empfang, den Sie mir in Wien bereitet
haben und verbleibe


mit vorzüglicher Hochachtung
und besten Grüssen
ergebener
Dr. Gallia


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