Die Stunde, 20.3.1925


U IV 3305/25


An das
Strafbezirksgericht IWien.


Privatankläger: 1.) Marie Turnovski,
2.) Karl Kraus,
beide durch:


gegen unbekannte Täter.


wegen § 45 Abs. 3 Urheberechtsgesetz 1 fach


Antrag auf Einvernehmung als Beschuldigte und Zeugen.


Am 25. Oktober 1925 hielt der Schriftsteller Anton Kuh,
wohnhaft in Wien III, Hotel Beatrix, Beatrixgasse 1, im mittleren
Konzerthaussaal einen Vortrag in welchem er unter anderem auch
mitteilte, dass er den Herausgeber der Stunde missbraucht und
die gegen mich veröffentlichten Angriffe veranlasst habe. Obwohl
damit nicht deutlich zum Ausdrucke gebracht habe, ob Herr AntonKuh auch die Veröffentlichung des gegenständlichen Bildes, sei
es als Täter, Mitschuldiger oder Anstifter nahestand, so ist doch
zumindest der Verdacht gegeben, dass dies der Fall ist.


Wir beantragen daher die Ladung und Abhörung
1.) des Herrn Anton Kuh, Wien III. Hotel Beatrix, Beatrixgasse 1
als Beschuldigter, ob er das in der Stunde vom 20. März 1925 ver
öffentlichte Photographieportrait zur Veröffentlichung gebracht
oder hiezu angestiftet oder mitgewirkt hat.
2.) des Herrn Karl Tschuppik, per Adr. Kronos Verlag Wien I.Wipplingerstrasse 32,
3.) des Herrn Dr. Eugen Lazar, Wien IX. Peregringasse 3,
4.) des Herrn Ernst Ely, Wien IV. Kühnplatz 4.
5.) des Herrn Hans Liebstöckl, Wien IV. Mühlgasse 9.
6.) des Herrn Dr. Paul Stefan, Wien VIII. Hamerlingplatz 7.
7.) des Herrn Dr. Siegelberg, Wien VII. Neustiftgasse 47,
8.) des Herrn Emmerich Bekessy, Wien VI. Linke Wienzeile 88.
9.) des Herrn Dr. Desider Szilaghi, Wien III. Reisnerstrasse 5.
10.) des Herrn Ludwig Hoffenreich, Wien XVIII. Sautergasse 56,
11.) des Herrn Michael Biro, per Adresse Kronos-Verlag, WienI. Wipplingerstrasse 32,
12.) d. Fr. Leopoldine Greif, Wien IX. Dietrichsteingasse 4,
13.) des Herrn Bela Köhalmy, Wien XVIII. Währingerstrasse 121
als Zeugen darüber, ob Herr Anton Kuh als Täter oder Mittäter
die Veröffentlichung begangen hat, resp. was ihnen selbst über
die Täterschaft an der Veröffentlichung bekannt ist.


Wir bitten noch, dass wenn die Zeugen die Aussage
unter Hinweis auf die Bestimmung des § 45 P.G. verweigern sollten,
ihnen die Unstichhältigkeit dieser Aussageverweigerung vorzu
halten, da es sich im gegenständlichen Falle nicht um ein Press
inhaltsdelikt handelt, wie durch die Entscheidung über unsere
Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens gegen unbekannte
Täter hervorgeht, da die Verjährungszeit mit einem Jahr ange
nommen wurde und bei einem Pressinhaltsdelikte eine sechsmonat
liche Verjährungszeit gesetzlich wäre, und sie eventuell durch
Ordnungsstrafen zur Aussage zu verhalten sein werden.


Wir bitten uns von dem Ergebnis der weiteren Voruntersu
chung zu Händen unseres Anwaltes Dr. Oskar Samek, Wien I. Schottenring 14 zu verständigen.


Marie Turnovski,
Karl Kraus.


1