Landesgericht für Strafsachen Wien I Bl XV /27/N
Beschluss:
UI 224/26
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In der Strafsache wider Dr. Fritz Kaufmann wegen
§ 30 P.G. hat das Landesgericht in
Strafsachen Wien I heute als
Berufungsgericht in
nichtöffentlicher Sitzung nach Anhörung der
Staatsanwaltschaft beschlossen:
1) Der Beschwerde des
Privatanklägers Karl
Kraus ge
gen den Beschluss des Strafbezirksgerichtes I in Wien vom 28. März1927 U I 224/26/46 wird
insoferne stattgegeben, als unter Aufhe
bung dieses in
Beschwerde gezogenen Beschlusses den Strafbezirksgerichte Wien
I in Wien aufgetragen wird über den Antrag
auf
Anspruch, dass mit den Beschuldigten für
die Kosten des Strafver
fahrens des Emmerich
Bekessy und die „Kronos“ Verlag A.G.
zur ungeteilten Hand haften, nach diesbezüglich durchgeführter
Hauptverhandlung durch Urteil zu
entscheiden.
Auf die Kosten dieser Beschwerde
wird seinerzeit je nach
dem
Ergebnisse Rücksicht zu nehmen sein.
2) Der Beschwerde des
Privatanklägers Karl
Kraus
gegen den Beschluss des Strafbezirksgerichtes I in
Wien vom31. Jänner
1927 U I 224/26/40 betreffend die Kostenbestimmung
wird abgewiesen.
Begründung:
ad 1) Nach § 5 P.G. haften die Herausgeber und Eigen
tümer einer Zeitung
zur ungeteilten Hand mit den Verurteilten
für die Kosten des
Strafverfahrens. Es ist nun die Frage in welche
Weise diese Haftung auszusprechen
ist. Diesbezüglich enthält das
Pressgesetz keine Vorschrift. Nach § 26 Preistreib-Gesetz ist
in gleicher Lage der Anspruch mit
dem Urteil zu fällen. Diese
Bestimmung muss auch im Verfahren wegen strafbarer Handlungen,
die nach dem Pressgesetz zu
verfolgen sind, beobachtet werden.
Ad 2) Die in Verfahren wegen
Vergehens der Ehren
beleidigung vor dem Untersuchungsrichter des Gerichtshofes er
wachsenen Kosten sind nicht auch
die Kosten des Verfahrens nach
§ 30 P.G. vor dem Bezirksgerichte,
umsoweniger als ja das Verge
hensverfahren auf andere Weise als durch ein verurteilendes
Erkenntnis beendigt wurde.
Wien, am 13. April 1927.
Dr. Altmann
Pollak