Sehr geehrter Herr Justizrat!
Ich komme auf mein Schreiben vom 3. Jänner 1927
zurück und ersuche Sie,
gegen Herrn Alfred
Kerr wegen
der
Beleidigungen in dem Artikel „Zur
Jessner-Hetze“
Absatz 3, erschienen in der Morgenausgabe des „BerlinerTageblatt“ vom 21.
Dezember 1926, 55. Jahrgang, Nr. 600, die
Ehrenbeleidungsklage
einzubringen, wenn es sicher ist, dass
die Berliner Gerichte zu
einer Widerklage gegen Herrn Kraus
nicht zuständig sind. Herr Kraus wünscht selbstverständlich
nicht, die Klage des Herrn
Kerr zu
vermeiden, sondern nur
deshalb nicht Umständlichkeiten durch Erscheinen bei einer
Berliner Verhandlung zu
haben. Meine Bedenken wegen Zustän
digkeit der Berliner
Gerichte hatten ihre Ursache in der
Bestimmung des § 36 des österreichischen Pressgesetzes, nach
welchem für alle durch ein
Druckwerk begangenen strafbaren
Handlungen als Tatort der
Ort gilt, wo das Druckwerk er-
schienen ist. Ist dieser Ort
unbekannt oder liegt er im
Auslande, so gilt als Tatort der Ort, wo das Druckwerk
verbreitet worden ist. Ich
habe allerdings eine gleiche
Bestimmung im deutschen Recht nicht gefunden, doch ist
immerhin möglich, dass sie
mir entgangen ist. Wenn Sie
zur Erhebung der Klage eine neue Vollmacht des Herrn Kraus
benötigen, so bitte ich Sie
um Einsendung eines Vollmachts
exemplares.
Ich zeichne mit
vorzüglicher
kollegialer
Hochachtung
rekommandiert.