Sehr geehrter Herr Kollege!


Nach Besprechung Ihres Briefes vom 24. November 1928 gebe ich Ihnen Wünsche des Herrn Kraus in folgen
den Angelegenheiten bekannt:


1.) Gegen Mosse. Herr Kraus bittet Sie, die Berufung zu über
reichen. Wenn auch die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges sehr ge
ring ist, so sind andererseits die riskierten Kosten nicht
sehr hoch und die Sache ist von einer solchen weittragenden
Bedeutung, dass Herr Kraus die Berufungsentscheidung doch provo
zieren möchte.


2.) Kerr Urheberrecht. Herr Kraus bittet Sie, wegen der einst
weiligen Verfügung keine Berufung zu überreichen und in der Haupt
sache das nachfolgende Schreiben an das Gericht zu richten und sich im
Uebrigen ihn kontumazieren zu lassen. Einen Ablehnungsantrag
wünscht Herr Kraus nicht. Die Eingabe an das Gericht möge unge
fähr folgenden Wortlaut haben, doch überlässt es
Herr Kraus Ihnen, etwaige notwendige Aenderungen vorzunehmen. Ich bitte Sie
aber, mir eine Abschrift der Eingabe einzusenden, da die endgilti-
ge Fassung vielleicht zur Veröffentlichung kommt.


„Da ich sehe, dass das Berliner Gericht die Absicht des Herrn
Kerr, eine klare Strafsache auf die Zivilgerichtsbarkeit ab
zuschieben und durch Deutung einer satirischen Wendung als
Bedrohung seines Urheberrechtes mir einen Kostenschaden zuzu
fügen, gefolgt ist, – es wurden sogar seiner Intention ent
sprechend alle Ankündigungen des Druckes seiner Schriftsätze
und seiner zu erwartenden Antworten als Drohung der Ver
öffentlichung seiner Kriegslyrik aufgefasst; – da die voraus
sehbare Entscheidung nur kostspieliger aber sonst durchaus
konform meiner Absicht wäre, die Kriegsgedichte des Herrn
Kerr nur innerhalb der autorrechtlichen Möglichkeiten zu ver
öffentlichen und zu vertreiben, und da ich nicht den Wunsch
haben kann, den Ertrag meiner publizistischen Mühe mit Herrn
Kerr seinem Anwalt zuzuwenden, so werde ich mich bei der Ver
handlung nicht vertreten und ein Kontumazurteil über mich
ergehen lassen.“


Zu diesem Schritte habe ich Herrn Kraus ge
raten, trotzdem ich vollständig Ihrer Ansicht bin, dass das
deutsche Gericht nicht zuständig wäre, aber man kann nicht 5.000.–
Mark riskieren, um etwa die bisher aufgelaufenen von 800.– Mark
zu ersparen.


Den Betrag von Mk. 50.– hat Ihnen der Verlagder Fackel angewiesen.


Herr Kraus bittet mich, Ihnen zu übermitteln,
dass er Ihre Grüsse erwidert und Ihnen bestens danken lässt.


Ich bin, Sie gleichfalls grüssend, Ihr
ergebener Kollege


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