Sehr geehrter Herr Kollege,


auf Ihr frdl. Schreiben vom 1. d.Ms. teile ich Ihnen
folgendes mit:


Es ist bisher nur das eine Urteil in der einstweiligen
Verfügung ergangen, das ich Ihnen seinerzeit zur Kenntnis
nahme übersandte und von dem Herr Kraus meines Wissens Ab
schrift besitzt. Dieses Urteil entspricht der einstweiligen
Verfügung. Danach gilt das Verbot für sämtliche Gedichte des
Herrn Kerr, gleichgültig wann sie veröffentlicht sind.


In Beantwortung der 2. Frage teile ich mit, daß bei Ver
hängung der Strafe in jedem Fall zu untersuchen ist, ob die
Veröffentlichung gegen das Gesetz verstösst.


In der Prozesssache habe ich mich vorsorglich als Anwalt
des Herr Kraus gemeldet, werde aber wunschgemäß vor dem Termin
erklären, daß ich nicht auftrete und Kontumaz ergehen lasse.


Bezüglich des Ablehnungsgesuches habe ich mir folgendes
überlegt:


Es erscheint mir nicht angängig, zunächst die Kammer abzu-
lehnen und falls wir Erfolg haben, nicht aufzutreten, denn
dann wissen wir ja nicht, was für eine Entscheidung die neue
Kammer fällt. Andererseits müssen wir wegen der hohen Kosten
gefahr Versäumnisurteil ergehen lassen. Nach Erfolg des Ab
lehnungsgesuches könnten wir uns nicht plötzlich kontumazieren
lassen und auch nicht die Erklärung des Herrn Kraus abgeben,
da diese dann ja völlig den Sinn verloren haben würde.


Ich reiche Ihnen in der Anlage die Erklärung des Herrn Kraus
mit der Bitte zurück, die Erklärung direkt in einem Kuvert
aus Wien an das Landgericht I BERLIN C 2, Grunerstr. 1, ein
zusenden, als habe sie der Mandant selbst abgesandt.


In der Anlage überreiche ich Ihnen nochmals das Originalurteil in Sachen Kerr ./. Kraus mit der Bitte, dieses mir
baldmöglichst zurückzusenden.


Mit koll. Hochachtung
Dr. Laserstein
Rechtsanwalt


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