Völkischer Beobachter, 14.3.1928Das Traumstück und die FrontsoldatenVölkischer Beobachter, 3.3.1928Eine skandalöse Erstaufführung in München. Die Verhöhnung des Soldatentodes durch den Juden Karl KrausTraumstückVölkischer Beobachter


München, den 10. April 1928.


Zum
Amtsgericht München Strafgericht


Privatklage und Strafantrag
der Rechtsanwälte Dr. Hirschberg, Dr.Philipp Loewenfeld & Dr. Regensteiner,
München, Kaufingerstr. 30/II
namens
Karl Kraus, Schriftsteller in Wien
gegen
Wilhelm Weiß, verantwortlicher Schrift
leiter der periodischen Druckschrift
Völkischer Beobachter“ in München,Schellingstr. 39/I,
wegen Beleidigung.


In Nr. 53 des 41. Jahrgangs„Bayernausgabe“ des „VölkischenBeobachters“ vom Samstag, den3.III.1928, ist unter der Schlagzeile
„Neue Verhöhnung der deutschen
Frontsoldaten auf der Bühne“
ein fettgedruckter Artikel mit der
Überschrift „Eine skandalöse Erstaufführung in München“ veröffentlicht
Ein Exemplar dieses Artikels füge ich an. Die Ausführungen
sind beleidigend nach § 183 StGB. Der Privatkläger wird
verächtlich als „Wiener Judenliterat“, als „der Fackel
kraus aus Wien“ bezeichnet. Es ist von frechster Verhöhnung
aller gefallenen Frontkämpfer, von schmutzigen Zoten,
von gemeinster und brutalster Weise, von schamloser
Bewitzelung, von gemeiner Besudelung die Rede. Der Artikel
schliesst mit der bei diesem Blatte üblichen Drohung.
Darüber hinaus enthält jedoch der Artikel die Behauptung
und Verbreitung von Tatsachen, welche geeignet sind,
den Privatkläger verächtlich zu machen oder in der öffent
lichen Meinung herabzuwürdigen. Es wird behauptet, daß das
von ihm verfasste, in den Münchener Kammerspielen aufge
führte „Traumstück“ eine Verhöhnung der deutschen Front
soldaten darstelle, das Stück sei die frechste Verhöhnung
aller gefallenen Frontkämpfer die jemals auf offener Bühne
vor sich gegangen ist. Das ganze Traumstück sei eine
einzige fortgesetzte Verhöhnung des frontsoldatischen
Geistes, eine schamlose Bewitzelung des Opfertodes der
gefallenen Frontkämpfer, eine gemeine Besudelung alles
dessen, was für den deutschen Soldaten zum Inbegriff seiner
Ehre geworden ist. Darüber hinaus werden zwecks Herabsetzung
des Privatklägers frei erfundene Behauptungen aufgestellt.
Es wird behauptet, daß eine tuberkulöse Krankenschwester
erzähle, wie sie von den Offizieren im Felde angesteckt
worden sei. Eine tuberkulöse Krankenschwester kommt im
ganzen Stück nicht vor. Es ist ferner behauptet, daß eine
Hure mit Etappenschweinen und einbeinigen Soldaten im
Stück tanze. Auch diese Behauptung ist frei erfunden. Eine
solche Szene kommt im Stück nicht vor.


Daß das Stück genau die entgegengesetzte Tendenz
als die in dem Artikel behauptete der Verhöhnung der
gefallenen Frontsoldaten oder der schamlosen Bewitzelung
des Opfertodes derselben hat, ergibt sich aus seinem
Inhalt.


In Nr. 62 des Völkischen Beobachters vomMittwoch, den 14. März 1928 S. 4 ist unter der Überschrift:
Das Traumstück und die Frontsoldaten“ der im Original
anliegende weitere Artikel enthalten. In diesem wird im
Anschluss an eine berechtigte Erklärung der „Jungen Bühne“,
welche gegen die unwahre Behauptung der Verhöhnung der
toten Frontsoldaten protestierte, die Behauptung der
Verhöhnung der Frontsoldaten wiederholt. In dem üblichen
Ton heisst es dann weiter:


„Ob sich der deutsche Frontsoldat durch den
geschwollenen Pazifismus und durch den zotigen Zynismus
eines Wiener Judenliteraten herausgefordert fühlen darf
oder nicht, ist ausschließlich seine Sache.“


Es ist sodann von typisch jüdischer Phraseologie,
von beschnittener Fackelsprache, von Geschwafel reiner
Menschlichkeit usw. die Rede.


Namens des Privatklägers stelle ich gegen
den Privatbeklagten als verantwortlichen Schriftleiter
der betreffenden Nummern des „Völkischen Beobachters
Strafantrag
und erhebe
Privatklage,
wobei ich den gesamten Inhalt der beiden inkriminierten
im Original anliegenden Zeitungsartikel zum Gegenstand
von Strafantrag und Privatklage mache.


Ich beantrage den Sühneversuch für entbehrlich
zu erklären, da der Privatkläger in Wien wohnt und jede
Vergleichsverhandlung mit der beklagten Partei ablehnt
(G.V.Bl. 1926 S. 501).


Ich beantrage das Hauptverfahren wegen zweier
sachlich zusammentreffender Vergehen der Beleidigung teils
nach § 185, teils 186 resp. 187 StGB. begangen, zu eröffnen.


Vollmacht wird umgehend nachgebracht.


gez. Dr. Hirschberg
Rechtsanwalt.
Für die Abschrift.
Hirschberg
Rechtsanwalt.


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