Arbeiter-Zeitung, 8.5.1928TraumstückVölkischer Beobachter


Sehr geehrter Herr Kollege!


Ihr geschätztes Schreiben vom 5. Mai 1928
habe ich Herrn Kraus zur Kenntnis gebracht. Er lässt Ihnen vielmals
danken und äussert sich zu dem Inhalt Ihres Schreibens wie folgt:


Herr Kraus wird zur Verhandlung am 14.5.1928
nicht persönlich erscheinen, er teilt Ihre Ansicht, dass dies besser
ist.


Wenn Sachverständigenbeweis in Frage käme,
wäre vielleicht am zweckmässigsten, entweder Theodor Haecker in
München oder Ludwig Ficker in Innsbruck zu beantragen.


Was nun das Honorar betrifft, so glaubte HerrKraus, dass Sie sich mit den gesetzlichen Gebühren in seinen Angele
genheiten begnügen würden, weil sowohl aus Ihren Schreiben, als auch
aus der Darstellung des Herrn Fischer hervorging, dass Sie den
geistigen Gehalt seines Kampfes miterleben und bei der Uebernahme der
Vertretung mehr auf die Unterstützung des Kampfes, als auf die advo
katorische Seite der Angelegenheit Rücksicht nehmen. Selbstverständ
lich würde Herr Kraus, wenn Sie darauf bestehen, das begehrte Honorar
bezahlen, er wäre aber dann außerstande seinen Kampf überhaupt auch
mit juristischen Waffen zu führen, zumal, wenn man bedenkt, dass
wahrscheinlich in der Angelegenheit des „Fränkischen Kurier“ ein
gleich hohes Honorar auflaufen wird. In Oesterreich ist übrigens, wie
ich Ihnen mitteilen kann, eine Honorarvereinbarung über die tarifmäs
sigen Kosten hinaus auch nicht üblich und ich selbst halte es gerade
in den Angelegenheiten des Herrn Kraus so, dass ich auch für diejeni
gen Prozesse, bei denen Herr Kraus die Kosten selbst zu tragen hat,
mich mit einen Teil der tarifmässigen begnüge.


Dagegen nimmt Herr Kraus zu einem eventuellen Vergleich eine
andere Stellung ein. Sollte die Gegenseite selbst Vergleichsanträge
stellen und sich verpflichten eine Busse zu bezahlen, die am besten
für Invalide bestimmt werden könnte und deren Höhe Ihnen vollständig
überlassen bleibt, ferner sowohl die gesetzlichen Gebühren als auch
Ihr Honorar, das Sie ja in diesem Falle auch in grösserer Höhe an
sprechen könnten, übernehmen und eine entsprechende Erklärung abgeben,
so wäre gegen einen Vergleich nichts einzuwenden, im Gegenteil, ein
derartiges Vergleichsangebot des Gegners würde ihm sogar die Möglich
keit benehmen in der Sache weiter ausfällig zu werden, was bei einem
gerichtlichen Urteil nicht ausgeschlossen wäre. Man müsste natürlich
auch auf Veröffentlichung dieser Erklärung im „Völkischen Beobachter
bestehen.


Den Eröffnungsbeschluss und die Ladung sende ich Ihnen zurück,
obwohl Sie mir nicht geschrieben haben, dass Sie sie benötigen, weil
ich fürchte, dass der Beschluss nur in einfacher Ausfertigung Ihnen
zugekommen ist. Sollten Sie jedoch eine eigene Ausfertigung bereits
haben, so bitte ich Sie um Rücksendung zwecks Vervollständigung meines
Aktes. Ferner sende ich Ihnen zur Verwendung im Prozess die Nummer
der „Arbeiter-Zeitung“ vom 8.5.1928, auf deren Seite 4 ein sehr in-
teressanter Artikel des „Völkischen Beobachters“ zitiert ist. Ein
Kommentar zu dem Wunsche dieser Zeitung, dass Berlin verbombt hätte
werden sollen, ist wohl überflüssig.


Ferner sende ich Ihnen ein Exemplar der „Fackel“ vomJuni 1924, mit Besprechungen der Wiener Aufführung des „Traumstückes“.
Auf Seite 142 befindet sich die Kritik der „DeutschösterreichischenTageszeitung“ des Gesinnungspendants des „Völkischen Beobachters“ in
Wien. Es wäre vielleicht gut, auch diese Kritik dem Gerichte vorzu
legen.


Ich bin, Ihrer geschätzten Rückantwort entgegensehend,
mit vorzüglicher kollegialer
Hochachtung
Ihr


4 Beilagen
Rekommandiert.


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