Sehr geehrter Herr Justizrat!
In Sachen Kraus gegen Schardt (Fränkischer Kurier)
empfing ich Ihre gefl. Schreiben vom 2. und 3. August 1928.
Der in dem letzteren erwähnte Bericht der Fränkischen
Tagespost lag dem Schreiben
nicht bei. Ich habe den
Inhalt Ihrer beiden Schreiben an
den Wiener Kollegen,
mit welchem ich korrespondiere,
weitergegeben.
Zunächst bitte ich zur
Fristwahrung Berufung
einzulegen. Ich werde inzwischen die weiteren Weisungen
des Herrn Mandanten erholen.
Die Amnestie kann in dieser
Sache nicht Platz
greifen,
weil es sich um ein tadelndes Urteil über
künstlerische Leistungen
handelt. Selbst wenn man aber
ein politisches Motiv annehmen würde, kann sie aus Rechts
gründen nicht in Frage
kommen. Der Straferlass erstreckt
sich nach § 1 des Amnestiegesetzes nur auf die rechtskräftig
erkannten Strafen. Anhängige Verfahren sind nur einzustellen,
wenn die Tat vor dem 1. Januar 1928 begangen ist. Beide
Fälle treffen nicht zu.
Hochachtungsvoll
ergebener Kollege
Rechtsanwalt.