Sehr geehrter Herr!


Herr Architekt Adolf Loos hat dem von mir
in allen Angelegenheiten vertretenen Herrn Karl Kraus die Mittei
lung gemacht, Sie hätten sich dahin geäussert, dass Herr KarlKraus seine Vorlesung im Grossen Konzerthaussaale auf den 30. No
vember 1928 angesetzt habe, um der am gleichen Tage stattfinden
den Gerichtsverhandlung nicht beiwohnen zu müssen. Tatsächlich
wurde der Termin der Vorlesung lange vor dem Gerichtstermin ange
setzt und das Plakat der Vorlesung war erschienen, ehe der Vortra
gende aus den Zeitungen von dem Tag der Verhandlung erfuhr. Tat
sache ist ferner, dass Herr Karl Kraus sofort, als er von dem
Termin der Hauptverhandlung erfuhr, sich die Möglichkeit ge
sichert hat, am 1. Dezember, dem zweiten Verhandlungstag, als Zeuge
einvernommen zu werden.


Ich richte an Sie das Ersuchen, sich entweder
zu der Aeusserung, welche indirekt den Vorwurf einer im höchsten
Grade unhonorigen Handlung dem bedrängten Freunde und verehrten
Manne gegenüber enthielt, zu bekennen oder sie mit dem Ausdruck
des Bedauerns zurückzuziehen. Falls Sie sich darauf berufen soll
ten, dass Herr Architekt Loos bekanntlich schwerhörig ist, so
werden Sie wohl in der Lage sein, anzugeben, welche Aeusserung
das Missverständnis herbeigeführt hat.


Mit dem Ausdrucke der Hochachtung


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