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In der Rechtssache der
klagenden
Partei Verlag „Die Fackel“ Herausgeber Karl Kraus,
prot. Firma, Wien III. Hintere Zollamtsstr.
3, vertreten
durch
Dr. Oskar Samek, RA. Wien I. Schottenring 14 wider
die beklagte Partei Stadt Frankfurt am Main als Konzes
sionärin der Frankfurter städt. Bühnen, zu Handen des
Magistrates Frankfurt am Main vertreten durch Dr. RichardPressburger, RA.
Wien I. Kärntnerring 12 wegen
RM. 2000.– s.A.
hat das gefertigte Gericht folgenden
Beweisbeschluss
gefasst:
Der Sachverhalt, der der Klage zu
grunde liegt,
wird vom Kläger in folgender Weise der
gestellt:
Zwischen den Prozessparteien
sei im Mai
1929 ein Aufführungsvertrag bzgl. des Werkes „DieUnüberwindlichen“
von Karl Kraus abgeschlossen worden,
und habe nach mehrmaligen
Verlegungen des Termines die
Beklagte sich schliesslich
verpflichtet, das erwähnte
Stück zwischen 1.X. und
31.XII.1931 aufzuführen. Tat
sächlich sei das Stück aber erst am 10.II.1932, und
zwar nicht durch das
Ensemble des Frankfurter Schauspielhauses,
sondern durch ein Ensemble des LeipzigerKomödienhauses in
Frankfurt aufgeführt worden. Es habe
nur eine einzige Aufführung
stattgefunden und sei das
Gastspiel des Leipziger Komödienhauses in
Frankfurt
von vornherein als ein
einmaliges vereinbart und damit
jede Auswertung des Erfolges
vereitelt worden.
Die beklagte Partei wendet dagegen ein, dass das
Stück in der heutigen Zeit völlig unaufführbar sei
und bei der Aufführung am
10.II.1932 – also in der
guten Theaterzeit – die Gesamteinnahmen nur 141.65 RM
betragen hätten, während
sich die Ausgaben auf 1750 RM
beliefen.
Dass es nur zu einer
einmaligen Aufführung
gekommen sei, habe daher nicht in einer Abmachung
mit dem Leipziger Komödienhaus, wonach angeblich
von
vornherein nur ein
einmaliges Gastspiel ins Auge ge
fasst worden sei,
seinen Grund, sondern in dem Miss
erfolg des Stückes.
Tatsächlich wären „die Unüberwindlichen“
in weitesten Kreisen auf
schärfste Ablehnung gestos
sen. So habe zum Beispiel der Kritiker der „Frankfurter
Nachrichten“, Dr. Bringezu am 10.11.1932 an den Direk
tor des Frankfurter Schauspielhauses
Dr. Kronacher
einen Brief gerichtet, in dem er davon spricht, dass
die seinerzeitige Aufführung
fast zu einem Theater
skandal geführt hätte und dass er wiederholt Gelegen
heit gehabt habe,
mit Frauen und Männern mit Protestan
ten, Juden, Katholiken und
auch kirchlich Indifferenten
über das Stück zu sprechen; die
Tatsache, dass hier das
religiöse Empfinden weitere Kreise auf das Empfind
lichste verletzt
worden sei, wurde von niemanden be
stritten.
Das Publikum habe während er
Aufführung
das Theater
schimpfend und fluchtartig verlassen.
Der Kläger bringt dagegen noch vor, dass
die Einnnahmen bei der
Aufführung nicht 141.65 RM,
sondern – nach der Tantiemenverrechnung der beklagtenPartei – 951.97 S betragen hätten.
Zugelassen wurde der Beweis
1.) durch Dr. Bringezu über seine Wahrnehmungen, wel
che Aufnahme und
Beurteilung das Stück „Die Unüberwindlichen“
bei deren Aufführung ein Frankfurter
Schauspielhaus gefunden und was den Anstoss zu seinem Schreibenvom
10.11.1932 gegeben hat und ob die darin enthaltenen
Angaben, dass sich das
Publikum durch dieses Stück abge
stossen fühlte,
und gegen dasselbe ablehnend verhalten
hat, richtig seien;
2.) durch Dr. Kronacher und Paul
Verhöven darüber,
welche Wahrnehmungen sie bezüglich der Beurteilung dieses
Stückes durch das Publikum gemacht haben und weiters,
welchen Kassenerfolg dieses
Stück hatte, und ferner,
ob für den Fall, dass das
Stück mit Erfolg aufgeführt
worden wäre, weitere
Aufführungen in Aussicht genommen
waren, bezw, ob überhaupt
von vornherein um eine ein
malige Aufführung mit dem Ensemble des Leipziger Komödien
hauses vereinbart war;
3.) durch Kurt Meister und Peter
Ihle darüber,
dass
die Beklagte mit dem Leipziger Komödienhaus nur eine
einmalige Aufführung der
„Unüberwindlichen“ im Frank
furter
Schauspielhaus vereinbart hatte.
Um die Einvernahme der
Zeugen: Direktor Dr. Kronacher,
Frankfurt am Main, Frankfurter Schauspielhaus,
Paul Verhöven, Regisseur, Frankfurt am Main Grüner Burgweg 39,
und Dr. Bringezu, Frankfurt am Main, per Adr.„Frankfurter Nachrichten“ wird unter Anschluss
einer
Abschrift vom 10.11.1932 das
Amtsgericht Frankfurt am Main,
um die Einvernahme der
Zeugen Kurt Meister, Schauspieler,
Leipzig, Commeniusstrasse 19/I das
Amtsgericht Leipzig
und um die Einvernahme des
Zeugen Peter Ihle, Schau
spieler, Berlin-Charlottenburg, Savignyplatz
9/10
das
Amtsgericht Berlin-Mitte ersucht.
Die Parteienvertreter wollen
von den Ein
vernehmungssatzungen verständigt werden.
Landesgericht für ZRS. Wien
Abt. 7
Wien, am 29. April 1933.
Schweitzer