Die Unüberwindlichen. Nachkriegsdrama in vier Akten


Sehr geehrter Herr Kollege!


In der Privatklagesache übersende ich Ihnen in der
Anlage Abschrift des freisprechenden Urteils. Dies Urteil
eines sehr jugendlichen Richters scheint mir unhaltbar. § 193StGB. lautet:


„Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische
oder gewerbliche Leistungen, ingleichen Äusserungen,
welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten
oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht
werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten
gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder
Urteile von Seiten eines Beamten und ähnliche Fälle
sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer
Beleidigung aus der Form der Äusserung oder aus den
Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.“


Der Plagiatsvorwurf gegen Herrn Kraus steht in keinem inneren
Zusammenhang mit der Kritik seines Bühnenstücks, sondern ist
nur bei Gelegenheit dieser Kritik angebracht worden. Nach dem
Standpunkt des Amtsgerichts würde man einem Schriftsteller
wahrheitswidrig auch Totschlag oder sonstige Schwerverbrechen
ungestraft vorwerfen können, sofern es im Rahmen einer Bespre
chung seiner Werke erfolgt. Ich werde dies alles in der Begrün
düng zu der von mir bereits eingelegten Berufung ausführen und
Ihnen zur Kenntnis bringen.


In der Zivilsache ist der anliegende weitere
Schriftsatz von der Gegenseite eingegangen, auf den ich lt.
gleichfalls beigefügter Durchschrift erwidert habe.


Da der Abschluss der beiden Prozesse sich hinaus
zieht, so wäre ich Ihnen verbunden, wenn Sie die Überweisung
eines Honorarbetrags von RM 150.– (einhundertfünfzig RM)
freundlichst veranlassen wollten.


Mit kolleg. Hochachtung
Dr. Lion


Ich setze natürlich voraus, dass Herr Kraus mit der Duchfüh
rung der Berufung im Beieidungsverfahren einverstanden ist?
D.O.