Sehr geehrter Herr Kollege!
Leider kann ich Herrn Kraus über seine Verrechnung
mit Herrn
Schamschula aus den im Jahre 1928 abgehaltenen
Vorlesungen nichts
mitteilen, weil ich darüber nie etwas
erfahren habe. Ich war auch
in der Sache absolut nicht be
fasst. Herr Kraus hielt im Jahre 1928 in Karlsbad zweimal
Vorlesungen. Die erste fand im Kurhause statt und war da
mals Herr Kraus über diese Veranstaltung sehr verärgert,
weil sie in keiner Beziehung
geklappt hat. Um Herrn Kraus
zu beweisen, dass in Karlsbad auch eine solche Vorlesung
stattfinden könnte, welche
geeignet wäre, ihn zu befriedi
gen, bat ich Herrn Kraus, mir zu gestatten, dass ich
selbst
eine solche
Vorlesung veranstalte. Herr Kraus war so lie
benswürdig, mir
das zu erlauben und nun habe ich selbst
ohne Herrn
Schamschula eine Vorlesung im Karlsbader Stadttheater
veranstaltet, welche weder materiell noch sonstwie
zu Herrn
Schamschula in irgend einer Beziehung gestanden
ist. Auch der
materielle Erfolg war von den sonstigen
Verbindungen zwischen den
Herren Kraus und Schamschula
vollständig losgelöst und
hatte Herr
Schamschula auf den
Ertrag der Theatervorlesung keinerlei Anspruch. Sollte
Herr Kraus diesen Teil meinen und sollte sich die Diffe
renz zwischen den
beiden Herren auf diese Theatervorle
sung erstrecken, dann
natürlich wäre ich in der Lage zu
bestätigen, dass Herr
Schamschula mit dieser zweiten im
Stadttheater veranstalteten Vorlesung nicht das
geringste
zu tun hatte
und dass ihm auch auf den Ertrag dieser Vor
lesung keinerlei Anteil
zugestanden ist, es sei denn, in
dem abgeschlossenen Vertrage
wäre die Bestimmung enthal
ten gewesen, dass sich die
Beteiligung des Herrn Schamschula auf alle
Vorlesungen zu erstrecken hatte, gleichgiltig
ob sie von Schamschula
selbst veranstaltet waren, oder von
einer dritten Person.
Die Vereinbarungen zwischen
beiden Herren sind mir
unbekannt. Die von mir veranstaltete Vorlesung war auch
von der Lustbarkeitsabgabe
befreit, weil ich Sie mit dem
Bezirksbildungsausschusse veranstaltet hatte.
Herr
Schamschula hatte also, von der oben gemachten
Einschränkung abgesehen, an
dem Ertrage der von mir ver
anstalteten Vorlesung
keinerlei Beteiligung. Würde er eine
solche beanspruchen, dann
bitte ich Sie, dieser unberech
tigten Forderung mit aller
Energie entgegenzutreten.
Herrn Kraus lasse ich vielmals grüssen und ihn ebenso
bitten, mich doch wieder
einmal als Veranstalter zu be-
schäftigen. Ich würde die
Vorlesung wieder im Stadttheater veranstalten
und ich würde mich riesig freuen, ihm
wie damals den materiellen
Ertrag vollständig ungekürzt
abführen zu können und würde ihn gewiss auch der sonstige Erfolg
befriedigen.
Zum Vortrage schlage ich
„Die Weber“ vor.
Ihre Mitteilung, sehr
geehrter Herr
Kollege, über
den
Prozess meiner Schwägerin Helene Kann, überrascht
mich nicht, denn eine andere
Entscheidung als diese war
ja
nicht möglich.
Nun aber schauen Sie auch, dass
Sie aus der Passiv
legitimation irgendwie herauskommen, denn meines Erach
tens waren doch die Erben des
Herrn Jaques Geiringer als
Rechtsnachfolger des
seinerzeitigen Vertragsgegners zu
klagen gewesen, nicht aber die Firma.
Es würde mich freuen, über
beide Teile dieses Brie
fes von Ihnen recht bald
angenehme Mitteilungen zu erhal
ten.
Mit besten Grüssen und
vorzüglicher Wertschätzung
verbleibe ich
Ihr ergebener:
Dr. Bermann