Vorgelesene Operetten. Zum Offenbach-Zyklus von Karl Kraus


Sehr verehrter Herr Kraus!


Die kurze Begründung der Ihnen bereits
durch mein Telegramm mitgeteilten Abweisung der Berufung war,
dass das Gericht auch nach Führung des Wahrheitsbeweises nicht
zur Ansicht gelangte, dass die Handlungen des Herrn Dr. Pisk,
die Mitarbeit für zwei Zeitungen entgegengesetzter Richtung
und die Haltung gegenüber den Offenbach-Vorlesungen in seiner
Kritik, den Ausdruck der Schlieferl- und Tinterlpraktiken be
rechtigte. Unter diesen Umständen war es gleichgiltig, ob das
Wort Schlieferl gefallen ist oder nur von Schlieferl- und
Tinterlpraktiken gesprochen wurde und es war daher nicht not
wendig den genauen Tatbestand festzustellen, weil das Gericht
der Ansicht ist, dass es für Führung des Wahrheitsbeweises
gleichgiltig ist, ob von Schlieferl- und Tinterlpraktiken gespro
chen wurde. Das Gericht erblickte in der Verwendung des Aus
druckes Schlieferl im Zusammenhang auch nur eine Schmähung und
keine Beschimpfung. Den genauen Wortlaut des Urteiles werde ich
Ihnen nach Einlangen der schriftlichen Ausfertigung zusenden.


Von der Oesterreichischen Luftverkehrs A.G.
erhielt ich ein Schreiben vom 24. März 1931, das ich Ihnen in
Abschrift zusende.


Ich grüsse Sie mit dem Ausdruck der Ver-
ehrung


Ihr ergebener


1 Beilage.


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