Unterschied zwischen Beschimpfung
und Schmähung.
Unsere Sprache kennt Worte, die ihrer Bedeutung nach Schimpf
worte sind,
gleichzeitig aber den Vorwurf verächtlicher Eigen
schaften oder
Gesinnungen beinhalten. Es ist nun nicht immer
leicht zu entscheiden unter
welcher Gesetzesstelle diese Worte
zu subsumieren sind, ob sie unter die Sanktion des § 491 oder
des § 496
St.G. fallen. Eine genaue Abgrenzung ist hier über
haupt nicht möglich.
Auch die Judikatur schwankt bei Ent
scheidung dieser Frage
und nimmt auf die Umstände des Einzelfal
les Bedacht ohne eine
abstrakte Regel aufzustellen, wann eine
Beschimpfung und wann eine
Schmähung vorliegt und ob ein Wort
auf alle Fälle als Schimpfwort zu gelten hat, daher der Wahr
heitsbeweis unzulässig
ist, oder ob die Erbringung des Wahrheits
beweises den Ausdruck
rechtfertigen kann und den Täter straffrei
macht.
Eine Beschimpfung liegt dann vor,
wenn ein Schimpf
wort
in der Absicht gebraucht wird Jemanden an seiner Ehre zu
verletzen, also in beleidigender
Absicht. Diese in ein
Schimpfwort gekleidete Schmähung
hingegen enthält ein Werturteil
über die sittliche Person eines anderen. Schimpfworte sind nach
dem Kommentar zum österr.
Strafgesetz Ausdrücke durch die einer
Person unabhängig von einem
bestimmten Verhalten im Einzelfall
und unabhängig von einer durch entehrende Handlungen
substantiierbaren Eigenschaft
oder Gesinnung Verachtung bezeigt
werden soll. Schmähung definiert der Kommentar als eine gegen
den Charakter einer Person ohne
Anführung bestimmter Tatsachen
erhobene Anschuldigung, es habe jemand entehrende Handlungen
begangen oder sei wenigstens
solcher Handlungen fähig. Werden
jedoch bestimmte Tatsachen oder wird ein bestimmtes Verhalten
angeführt, so liegt keine
Schmähung mehr vor, sondern das Delikt
des § 488
St.G.
Wird eine Kritik in die Form
eines Schimpfwortes ge
kleidet, so muss man untersuchen, ob die unter Beweis gestellte
Tatsache den Gebrauch des
betreffenden Aus
spruches
druckes
auch wirklich
rechtfertigt. Ueberschreitet der Ausdruck
eine
die
unzulässige
Kritik, so liegt eine
Beschimpfung vor, anderenfalls eine
Schmähung. Es kann also derselbe
Ausdruck sowohl den Tatbestand
des § 496 als auch den Tatbestand des § 491 St.G. bilden und zwar
ist letzteres dann der Fall, wenn
er in Verbindung mit anderen
Tatsachen, als deren Folgerung gebraucht wurde. (Jedoch
ohne Anführung einer
bestimmten Tatsache.) Diese Ansicht vertritt das
Judikat 1933, das bezüglich des
Ausdruckes „Stänker“ aus
spricht, dass dieser eine Schmähung darstelle, ohne Verbindung
mit einem bestimmten Vorfall
jedoch eine Beschimpfung sei.
Nach Ansicht Fingers und des Kommentars gibt es über
haupt keine
Schimpfworte an sich, Tiernamen allerdings hält
der Kommentar für Beschimpfungen
schlechthin. Bei andern Schimpf
worten dagegen, wie: „Lügner, Betrüger, Einbrecher, Schuft“ u.s.w.
kommt es darauf an, ob auf eine
verächtliche
Bedingung
Gesinnung
angespielt
werden soll
oder nicht. Das Judikat 1870 sagt: „Es gibt Worte, die
unter allen Umständen als
Beschimpfung nach § 496 anzusehen sind
und zwar nach der Judikatur
‚Lump, Schuft, Gauner‘. Andere Aus
drücke vornehmlich
dann, wenn sie ganz allgemein ohne Anlehnung
an bestimmte Tatsachen
gebraucht werden, obwohl sie einen kon
kreten schmähenden Inhalt haben, so die
Ausdrücke ‚Lügner,
Wucherer‘
u.s.w.“ und verlangt eine Untersuchung im Einzelfall.
Dieselbe Ansicht bringt das
Judikat 328 (Glaser, Unger) zum Aus
druck, nach welchem „Lügner“ nach allgemeinem Sprachgebrauche
kein Schimpfwort bedeutet, sondern die
unehrenhafte Eigenschaft
absichtlich die Unwahrheit zu sagen. Ebenso Judikat 1723, welches
den Ausdruck „Gauner“ als
Schimpfwort bezeichnet, mit der Be
gründung, dieses Wort sei ein in ein Schimpfwort gekleidetes ab
straktes Urteil,
bezüglich dessen sich mit Grund nicht sagen lässt,
dass mit demselben
nicht die Person des Anklägers sondern nur
seine Handlungsweise bezeichnet
werden sollte. Diese Erwägung
schliesse die Möglichkeit der Unterstellung unter den Tatbestand
des § 491
St.G. aus.
„Haderlump“ ist nach Judikat 972
(Glaser, Unger) Be
schimpfung, ebenso „Ungläubiger“ nach Judikat 1345, „Verleumder“
dagegen Schmähung (Judikat 779
(Glaser, Ungar)). In dem Vorwurf
„der Niederträchtigkeit“ erblickt das Judikat 247 (Glaser,
Unger) eine Beschimpfung, da darin ein abstraktes
Urteil enthal
ten sei
und der Ausdruck unbestimmte Praemissen voraussetze.
Judikat 4089 K.H. sagt:
„Betrüger“ kann ein Schimpfwort an
sich sein. Diese Bedeutung tritt
im Falle dieser Ausdruck tat
sächlichen Anführungen als sich hieraus ergebende Folgerung
angereiht wird in dem
Hintergrund. Jedoch wird hier meist der
Tatbestand des § 487 St.G. nicht 491 vorliegen.
„Pharisäer“
ist Schimpfwort
(Judikat 1382), ebenso „schlechter Mensch“,
ein Ausdruck durch welchen nach
obigem Judikate nicht die Ge Handlungsweise und Gesinnung, sondern nur die
sinnungsweise
Person des Privatanklägers auf
ehrverletzende Weise angegriffen
w
e
i
rde. Der Vorwurf, dass jemand mit einer eckelhaften
Krankheit
behaftet sei, stellt
nach Judikat 1263 nicht den Tatbestand
einer Beleidigung her, weil eine
Krankheit ein Unglück sei.
Zum
Schlusse sei noch bemerkt, dass manche Worte allgemein
zwar als Schimpfworte gelten,
diese Bedeutung jedoch im Einzel
falle verlieren, so z.B., wenn ein Mitglied einer Stammtisch
runde die sich
Schmierfinke nennt, mit dem Ausdrucke „Alter
Schmierfink“ angesprochen wird.
(Kommentar). Hingegen können
an
und für sich neutrale Ausdrücke zu Schimpfworten werden,
so wenn man jemandem in
beleidigender Absicht einem Personen
kreise zuzählt, der,
wenn auch nur in gewissen Kreisen und
zu Unrecht unangesehen ist.
Hierher gehören Ausdrücke wie:
„Pfaffe, Jude, Roter, Hure, Winkelschreiber, Mistelbacher (für
Wiener Sicherheitswachleute.)
Ebenso muss es als Schimpfwort
gelten, wenn jemand mit dem Familiennamen eines Verbrechers
angesprochen wird, wenn dieser
allgemein bekannt ist. (Z.B.
Harmann).