Abschrift.
Berlin, den 25. Januar 1932
An das
AmtsgerichtBerlin-Mitte
In Sachen
Kraus ./. Landsberg
– 148.B.808/31 –
zeige ich an,
dass ich nunmehr die Vertretung
des
Privatkläger
übernommen habe.
Der Privatkläger
versagt sich, auf
die vom Beschuldigten vorgebrachten Ein
zelheiten aus den Schriftsätzen
in der Beleidigungssache Kraus ./. Wolff einzugehen,
da sie hauptsächlich zum Zwecke
der Stim
mungsmache
gegen ihn herangezogen sind.
Er
bemerkt nur, dass einzelne Teile der
vom Beschuldigten gegebenen
Darstellung
im Widerspruch
stehen zu der Darstellung,
wie
sie in den Urteilsgründen des
Landgerichts I in den Akten: 10.P.299/29
sich befindet. Ferner bemerkt er,
dass schon
in der
Hauptverhandlung jenes Prozesses
der Rechtsanwalt Dr. Laserstein, der Ver
teidiger des Privatklägers,
darauf hinge
wiesen
hatte, dass die Schriftsätze unter
seiner eigenen Verantwortung und grössten
teils seiner eigenen Initiative
ent
springend von
ihm verfasst worden sind,
so dass
Dinge, wie die Adressenangabe von
Berliner Zeugen ectr. lediglich auf die
Rechnung des damaligen Verteidigers zu
setzen sind.
Was den zum Gegenstand der
vorliegenden Privatklage gemachten
Vorfall im Gerichtssaal anlangt,
so sind die vom Beschuldigten
darüber gemachten Angaben
zu mindestens lückenhaft. Der Privatkläger fand in der Tat
eine Reihe von Ausführungen, die der Beschuldigte gegen ihn
vorbrachte, belustigend. Der Beschuldigte
erkannte ganz richtig den
Ausdruck der Heiterkeit im Gesicht des
Privatklägers,
machte auch den Vorsitzenden darauf aufmerksam und
protestierte dagegen, dass der
Privatkläger zu
seinem Plädoyer
bezw. seinen
Ausführungen ein belustigtes Gesicht machte. Der Privatkläger erwiderte, dass
dies eine unwillkürliche Reflexwirkung
auf die Worte des Beschuldigten sei, gegen die er im jeweiligen
Augenblick machtlos sei. Der Beschuldigte verbat sich das und er
klärte: „Ihr Benehmen und Ihre Miene gefällt mir nicht.“ Worauf
der Privatkläger
erwiderte: „Ihre Miene
gefällt mir auch nicht.“
(Schon das Wort „auch“ deutet darauf hin, dass ein
entsprechen
der
Vorwurf von Seiten des Beschuldigten vorangegangen
sein
muss.) Auf diese Replik des Privatklägers stiess der Beschuldigte hervor
„unverschämter Patron“. Dafür, dass der Vorgang
sich
so abgespielt hat, wie
eben angegeben, beziehe ich mich auf das
Zeugnis der in der Klage auf Seite 2, unter Ziffer 2, 3, und
4 genannten Personen, sowie
notfalls auf das Zeugnis des
Rechtsanwalt Laserstein, Landsberger Allee 115/116.
Die Bezugnahme auf das Zeugnis
des Unterzeichneten in der
Klage, da er nunmehr der Vertreter des Privatkläger
ist,
wird zurückgenommen.
Was den Antrag des Beschuldigten auf Einstellung des Ver
fahrens, auf Grund des VI. Teils
der Notverordnung vom 6. Oktober
1931 anbetrifft, so erscheint
sie
er
schon darum unangebracht, weil es
sich um eine recht schwerwiegende
Ehrenkränkung aus dem Munde
eines
in der Oeffentlichkeit bekannten Anwalts gegen einen
einen Schriftsteller
handelt internationaler Geltung in öffent
licher Verhandlung handelt, so
dass allein durch diese besonderen
Umstände, ebenso wie durch die Schärfe der inkriminierten Be
schimpfung die weit über das
normale Mass hinausgehende Tragweite
der Beleidigung bedingt ist.
Begl. Abschrift ist Herrn
Rechtsanwalt Landsberg direkt zugestellt.
gez. Dr. Katz
Rechtsanwalt.