Sehr geehrter Herr Kollege!


In Sachen des Herrn Karl Kraus gegen Städt. Bühnen, Essen
habe ich mit Interesse vom Inhalt des Vertrags Kenntnis genommen,
der übrigens in seinem letzten Paragraphen für Zivilanspr u ü che
ausdrücklich die ausschliessliche Zuständigkeit von Berlin
vorsieht.


Was wegen der Unterschrift bedenklich erscheint, habe ich
Ihnen bereits dargelegt. Ich halte, nachdem ich jetzt den Vertrag
kenne, dieses rechtliche Bedenken für sehr stark. Es sei denn,
dass Essen – wie es z.B. kürzlich bei uns in Dortmund geschah –
den Beigeordneten durch besondere Anweisung als allein zur Unter
schrift derartiger Verträge berechtigt erklärte. Ich könnte das
leicht feststellen lassen!


Dass inzwischen Herr Kraus sein Vertragsverhältnis zur
Universal-Edition A.G. Wien löste, wäre hier rechtlich ohne jeden
Belang, wenn – und das nehme ich bis auf Weiteres an – die Firma
ihre Rechte aus der Abmachung mit Essen an Herrn Karl Kraus zurück
übertrug oder abtrat.


Ich vermisse nur in der Abmachung jede Verpflichtung von Essen,
eine bestimmte – oder bestimmbare – Anzahl von Aufführungen zu
veranstalten.


Es sei denn, man folgere Derartiges aus der Fassung des
§ 2, der von der „ersten Aufführung“ und von Abend- und Nach
mittags-Vorstellungen spricht,
auch die „letzte Abendvorstellung“ ausdrücklich erwähnt.
Sollte etwa die unbestimmte Fassung absichtlich gewählt sein, so
entfiele ja wohl für die Firma – und ebenso für Herrn Karl Kraus
als den Rechts-Nachfolger – der Rechtsanspruch weitere Aufführungen,
die da ri n n in das Belieben von Essen gestellt geblieben wären.


Auf die Strafanzeige hin wird die Gegenseite in erster
Linie sich ja wohl auf § 9 Abs. 2 des Reichsgesetzes berufen wollen:
„Zulässig sind Änderungen, für die der Berechtigte seine Einwilli
gung nach Treu und Glauben nicht versagen kann“.


Collegialiter!
Elias
Rechtsanwalt


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