Karl Kraus’ Abschied? [20.12.1933]Karl Kraus’ Abschied? [1.11.1933]


In Erledigung Ihres Briefes vom 28. v.M.
gestatte ich mir mitzuteilen:


Dr. Bill hat sich gewiss einer Illoyalität
schuldig gemacht, indem er die verlangte Berichtigung mit
einer, den Vereinbarungen widersprechenden Bemerkung ver
knüpft hat.


Wie ich bereits mitgeteilt habe, habe ich
im Namen des Herrn Kraus verlangt, dass die Berichtigung
veröffentlicht und in einem Nachsatze bemerkt werde, dass
das Gedicht ohne Genehmigung des Autors abgedruckt worden ist.
Dass Herr Kraus Wert darauf legt, dies zu erklären, habe ich
sicher nicht gesagt.


Man könnte aus diesem Verhalten die Konse
quenz ziehen, gegen Dr. Bill wegen Verletzung des Autorrech
tes vorzugehen , weil er die ihm gestellten Bedingungen
nicht erfüllt hat. Ein anderes zivil- oder strafrechtliches
Einschreiten halte ich nicht für geboten.


Die Berichtigung ist wohl nicht an der
gleichen Stelle erschienen, wie der zu berichtigende Artikel,
jedoch immerhin in der gleichen Rubrik. Der Inhalt ist
richtig wiedergegeben und das Wort „Berichtigung“ ist in
der Notiz enthalten. Allerdings sind die Bestimmungen des
Absatz § 11 der Pressegesetznovelle insoferne nicht erfüllt,
als die Berichtigung nicht „an der Spitze als Pressbe
richtigung“ bezeichnet ist.


Wenn Herr Kraus jedoch nicht wünscht, dass
die Veröffentlichung einer neuen und dem Gesetze entsprechen
den Berichtigung erscheine, so wird es vielleicht genügen,
von Dr. Bill die Aufnahme einer Erklärung zu verlangen,
deren Stilisierung ich Herrn Kraus überlassen möchte.
Dabei muss man Dr. Bill darauf aufmerksam machen, dass
die Unterlassung der Veröffentlichung der gewünschten Er
klärung das unverzügliche Einschreiten wegen Verletzung
des Autorrechtes zur Folge haben würde.


Indem ich bitte, mir den Text der zu fordern
den Erklärung einsenden zu wollen, zeichne ich


mit vorzüglicher Hochachtung ergebener:
Dr. Turnovsky


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