Ich bestätige dankend den
Empfang Ihres Briefesvom 17. d.M. und teile
höfl. mit, dass ich beim Referenten in der
Berichtigungsangelegenheit
interveniert habe. Dieser wird allgemein
als ein ausgezeichneter Jurist
bezeichnet, weswegen ich mich bemüht
habe, ihm die juristische
Unhaltbarkeit des erstinstanzlichen Beschlus
ses
klarzustellen. Dr. Červinka äusserte sich nicht
darüber, wie er
zu entscheiden
gedenkt, ich habe jedoch den Eindruck gewonnen, dass
er nicht der Ansicht ist, dass
die Zitierung des Gedichtes eine
Herrn Kraus
betreffende Nachricht darstellt. Jedenfalls hoffe ich
durch die Rücksprache mit dem Referenten diesen zu einer sorgfältigen
Prüfung des Falles veranlasst zu
haben, ohne allerdings sagen zu kön
nen, dass der Beschwerde
stattgegeben werden wird.
Bei der heutigen in der
Ehrenbeleidigungsangele
genheit abgehaltenen
Vergleichstagfahrt stellte der für die Beklagte
Dr. Schnierer
erschienene Dr. Sig. Stein folgenden Antrag:
Dr. Marie Schnierer
verpflichtet sich unentgeltlich
und unter den Rechtsfolgen des § 9 der Pressgesetznovelle
auf Seite 4
in der fünften Rubrik
des Gegenangriff im gleichen Drucke und
auf
gleiche Art, in welchen
der inkriminierte Artikel veröffentlicht
worden ist, binnen 14 Tagen nach
Rechtskraft des Vergleiches folgen
de Erklärung zu veröffentlichen
und die mit Kč 200.– bestimmten Kosten
unter Exekutionsfolgen zu
bezahlen:
Ich habe verlangt, dass
überdies eine Busse von
Kč
500.– bezahlt werde, was jedoch der Gegenanwalt
mit dem Bemerken
abgelehnt
hat, er könne auf keine Busse eingehen, da dies den Grund
sätzen seiner Partei
widerspreche, welche in Pressangelegenheiten
grundsätzlich die Bezahlung
von Bussebeträgen abgelehnt habe.
Mit Rücksicht darauf habe
ich die angebotene Genug
tuung nicht akzeptiert,
sondern mir vorbehalten, innerhalb 8 Tagen
dem Gerichte anzuzeigen, ob Herr Kraus
bereit ist, die Strafanzeige
nach Erfüllung der vom Gegner angebotenen Bedingungen zurückzunehmen.
Ich bemerke, dass nach
Einstellung des Strafver
fahrens gegen Dr. Schnierer
binnen 14 Tagen eine neue Anzeige gegen
den Autor des Artikels überreicht werden kann. Nach dem Pressgesetz
kann der verantw. Redakteur
nicht dazu verhalten werden, den Autor zu
nennen. Der Vertreter derDr.
Schnierer hat es auch abgelehnt, dies zu tun.
Das Strafverfahren wird
gegen den unbekannten Autor nicht eröffnet,
sondern der Privatkläger
muss den Autor nennen. Ich werde mich be
mühen, den pseudonymen Verfasser des Artikels innerhalb der Frist
zu eruieren, was mir jedoch
bisher nicht gelungen ist, trotzdem ich
bei allen mir bekannten
Journalisten angefragt habe.
Wollen Sie mir bitte
mitteilen, ob Herr
Kraus
das Verfahren
gegen die verantw.
Redakteurin durch diese Erklärung
und Bezahlung der Kosten
ohne Bezahlung eines Bussebetrages beenden
will.
Da mir Dr. Stein erklärt hat, die zweite
von mir geforderte Berichtigung werde wieder nicht erscheinen,
werde
ich den Antrag nach § 14 überreichen. Ich hoffe, dass diesmal der
Richter
den Wortlaut des Berichtigungsschreibens nicht
als dem § 11Pressgesetznovelle widersprechend ansehen wird.
Indem ich bitte, mir die
Entscheidung des HerrnKraus,
dem ich mich empfehlen lasse, bald bekanntgeben zu wollen, zeich
ne ich
in vorzüglicher Hochachtung
ergebener
Dr. Turnovsky