Prager Tagblatt, 19.1.1934Der Gegen-Angriff, 27.1.1934Prager Tagblatt, 11.1.1934Nachruf auf Karl Kraus


Sehr geehrter Herr Doktor.


In der Ehrenbeleidigungsangelegenheit KarlKraus ca: Gegenangriff habe ich dem Gegenanwalte die mir
in Ihrem Briefe vom 23. l.M. mitgeteilten Bedingungen bekannt
gegeben und erhielt heute seine die Antwort, in welcher der Gegenanwalt namens der verantwortlichen Redakteurin erklärt, dass
diese die Forderungen des Herrn Kraus in folgenden Punkten
akzeptiert:


Die Erklärung wird unter dem gleichen Titel
veröffentlicht wie seinerzeit der beleidigende Artikel. Der
verantwortliche Redakteur verpflichtet sich, zu der Erklärung,
zu der mit dem Briefe vom 3. l.M. verlangten Berichtigung und
auch zu der etwa auf Grund der Beschwerde zu veröffentlichen
den Berichtigung keinen Zusatz zu machen und auch nicht in
einer folgenden Nummer zur Materie der Erklärung einen Artikel
zu veröffentlichen. Dagegen ist der Wortlaut der Erklärung
insoferne im Widerspruche mit der bei Gericht angebotenen
Erklärung, als in letzterer angeführt war, dass ein Artikel
veröffentlicht wurde, durch dessen Inhalt sich Herr Karl Kraus
beleidigt fühlte und nicht, wie in der von Ihnen verlangten
Fassung steht, beleidigt wurde. Ebenso waren die Anführungs
zeichen vor und nach dem Zitat aus dem inkriminierten Artikel
in der angebotenen Erklärung nicht enthalten und schliesslich
lautete der die eigentliche Erklärung enthaltende Satz „auf
Grund der mir erteilten Informationen erkläre ich, dass diese
Worte … u.s.w.“


Herr Dr. Stein behauptet, zu einer Abänderung
der Erklärung in der gewünschten Weise nicht ermächtigt zu
sein, weswegen er seine Mandantin nur verpflichten könne,
die Erklärung in dem von ihm bei der Vergleichstagsatzung
angebotenen Wortlaute zu veröffentlichen.


Da ich auf Grund der in der ersten Berichti
gungssache gemachten Erfahrungen zu dem Referenten insoferne
das Vertrauen verloren habe, als ich nicht mit Bestimmtheit
ausschliessen kann, dass er auch die neue Berichtigung bezüg
lich ihrer Fassung nicht als dem Wortlaute des § 11 wider
sprechend ansehen wird, habe ich Dr. Stein darauf aufmerksam
gemacht, dass die ihm bekanntgegebene Bedingung der Veröffent
lichung der zweiten Berichtigung ohne Zusatz so zu verstehen
ist, dass dieser Zusatz auch dann nicht veröffentlicht werden
dürfte, wenn das Gericht, trotzdem ich vom Gegenteile über
3 zeugt bin, beschliessen sollte, dass die Berichtigung dem
§ 11 nicht entspricht und daher in einer abgeänderten Fassung
veröffentlicht werden muss. Dazu wollte sich Dr. Stein nicht
verpflichten.


Deshalb habe ich erklärt, dass der bedingt
abgeschlossene Vergleich von mir voraussichtlich widerrufen
werden wird, dass ich jedoch vorher die Weisungen des HerrnKraus einholen werde.


Da der Widerruf des Vergleiches längstens
bis zum 31. l.M. bei Gericht einlangen muss, bitte ich um post
wendende, womöglich telefonische Weisung, ob ich die Eingabe
am 29. l.M. überreichen soll.


In der heutigen Nummer des Gegenangriff wurde
die verlangte zweite Berichtigung nicht veröffentlicht, weswegen
ich den Antrag nach § 14 überreicht habe.


Ihrem im Briefe vom 26. l.M. geäusserten
Wunsche entsprechend, schliesse ich die gewünschten Nummern
des Prager-Tagblattes vom 11. und 19. d.M. bei und zeichne


mit vorzüglicher Hochachtung ergebener
Dr. Turnovsky


express


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