Sehr geehrter Herr Doktor.
In der
Ehrenbeleidigungsangelegenheit KarlKraus ca: Gegenangriff habe ich dem Gegenanwalte die mir
in Ihrem Briefe vom 23. l.M. mitgeteilten Bedingungen bekannt
gegeben und
erhielt heute
seine
die
Antwort, in welcher der Gegenanwalt
namens der verantwortlichen Redakteurin erklärt,
dass
diese die
Forderungen des Herrn Kraus in folgenden Punkten
akzeptiert:
Die Erklärung wird unter dem gleichen Titel
veröffentlicht wie seinerzeit der
beleidigende Artikel. Der
verantwortliche Redakteur verpflichtet sich, zu der Erklärung,
zu der mit dem Briefe vom 3. l.M. verlangten Berichtigung und
auch zu
der etwa auf Grund der Beschwerde zu veröffentlichen
den Berichtigung keinen Zusatz zu machen und auch nicht in
einer folgenden Nummer zur
Materie der Erklärung einen Artikel
zu veröffentlichen. Dagegen ist
der Wortlaut der Erklärung
insoferne im Widerspruche mit der
bei Gericht angebotenenErklärung, als in letzterer angeführt war, dass
ein Artikel
veröffentlicht wurde, durch
dessen Inhalt sich Herr Karl Kraus
beleidigt fühlte und nicht, wie in der von Ihnen
verlangten
Fassung steht,
beleidigt wurde. Ebenso waren die Anführungs
zeichen vor und nach
dem Zitat aus dem inkriminierten Artikel
in der angebotenen Erklärung
nicht enthalten und schliesslich
lautete der die eigentliche Erklärung enthaltende Satz „auf
Grund der mir erteilten
Informationen erkläre ich, dass diese
Worte … u.s.w.“
Herr Dr. Stein behauptet, zu einer Abänderung
der Erklärung in der gewünschten
Weise nicht ermächtigt zu
sein,
weswegen er seine Mandantin nur verpflichten
könne,
die Erklärung in dem von ihm bei der Vergleichstagsatzung
angebotenen Wortlaute zu
veröffentlichen.
Da ich auf Grund der in der
ersten Berichti
gungssache gemachten Erfahrungen zu dem Referenten insoferne
das Vertrauen verloren habe, als
ich nicht mit Bestimmtheit
ausschliessen kann, dass er auch die neue Berichtigung bezüg
lich ihrer Fassung
nicht als dem Wortlaute des § 11 wider
sprechend ansehen wird, habe ich Dr.
Stein darauf aufmerksam
gemacht, dass die ihm bekanntgegebene Bedingung der Veröffent
lichung der zweiten
Berichtigung ohne Zusatz so zu verstehen
ist, dass dieser Zusatz auch dann
nicht veröffentlicht werden
dürfte, wenn das Gericht, trotzdem ich vom
Gegenteile über
3 zeugt bin, beschliessen sollte, dass die Berichtigung dem
§ 11
nicht entspricht und daher in einer abgeänderten Fassung
veröffentlicht werden muss. Dazu
wollte sich Dr. Stein nicht
verpflichten.
Deshalb habe ich erklärt,
dass der bedingt
abgeschlossene Vergleich von mir voraussichtlich widerrufen
werden wird, dass ich jedoch
vorher die Weisungen des HerrnKraus einholen
werde.
Da der Widerruf des
Vergleiches längstens
bis zum
31. l.M. bei Gericht einlangen muss, bitte
ich um post
wendende, womöglich telefonische Weisung, ob ich die Eingabe
am 29. l.M. überreichen
soll.
In der heutigen Nummer des Gegenangriff wurde
die verlangte zweite
Berichtigung nicht veröffentlicht, weswegen
ich den Antrag nach § 14 überreicht habe.
Ihrem im
Briefe vom 26. l.M. geäusserten
Wunsche entsprechend,
schliesse ich die gewünschten Nummern
des Prager-Tagblattes vom 11. und 19. d.M. bei und zeichne
mit vorzüglicher Hochachtung
ergebener
Dr. Turnovsky
express