Nachruf auf Karl KrausDer Gegen-Angriff, 26.11.1933


Sehr geehrter Herr Kollege!


Ihr Schreiben vom 27. Januar 1934 habe ich
am 28. morgens erhalten und ich konnte die Angelegenheit
mit Herrn Kraus nur telefonisch besprechen. Um ein für
heute nachmittag beabsichtigtes Telephongespräch auch
schriftlich und genauer auszuführen, sende ich Ihnen die
Meinung des Herrn Kraus in dieser Angelegenheit auch durch
einen Expressbrief. Die erste von Herrn Dr. Stein verfasste
Erklärung soll wohl durch die zweimalige Verwendung der
Worte, dass Herr Kraus sich beleidigt gefühlt hat, die Be
leidigung selbst abschwächen, und es auch vor einem Leser,
der den ursprünglichen Artikel nicht mehr genau kennt, so
hinstellen, als ob nur ein übertriebenes Ehrgefühl des
Herrn Kraus bei der Abgabe der Erklärung berücksichtigt
würde. Die Verwendung der Worte: „Auf Grund der mir er
teilten Informationen“ soll offenbar die Sache so darstel
len, als ob Herr Kraus der verantwortlichen Redakteurin
nachträglich Informationen erteilt hätte, die sie zur Ab
gabe der Erklärung veranlasst. Diese Vertraulichkeit darf
absolut nicht in der Erklärung enthalten sein. Es bliebe
noch eine Möglichkeit, eine kürzer gefasste Erklärung an-
zunehmen, wodurch dies vermieden und auch dem Verlangen
der Gegenseite Rechnung getragen würde. Dabei könnte man
auch auf die Verwendung von Anführungszeichen für den In
halt der Beleidigung verzichten, weil sie durch das Wort
„behauptet“ überflüssig werden. Diese Erklärung hätte zu lauten:


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Die übrigen Bedingungen, wie sie Ihnen in meinem
Brief vom 23. Januar 1934 bekanntgebeben wurden, müssten auf
recht bleiben, bis auf den Punkt eines Zusatzes, für den Fall,
als bezüglich der zweiten Berichtigung eine Abänderung vom
Gerichte beschlossen werden sollte. Für diesen Fall könnte
man Herrn Dr. Stein respektive der verantwortlichen Redakteurin
zugestehen, dass es ihr gestattet sei, über die juristische
Angelegenheit der Berichtigung einen Zusatz zu machen, wenn
dieser nur die formelle Unrichtigkeit der eingesendeten Be
richtigung behandelt, nicht aber in die Materie selbst ein-
geht. Sollten auch diese Vorschläge abgelehnt werden, so
wäre es wohl zweckmässig die Angelegenheit weiterzuführen
und man könnte sich dann mit Recht darauf berufen, dass die be
schuldigte Redakteurin respektive deren Anwalt in die Er
klärung Sätze aufgenommen hat, die den Wortlaut derselben
abschwächen sollen. Im Uebrigen hoffe ich Sie heute nach
mittag bei meinem telefonischen Anruf zu erreichen und
zeichne mit vorzüglicher kollegialer Hochachtung


Ihr ergebener


Express