Sehr geehrter Herr Doktor.


In der Angelegenheit KrausGegenangriff
bestätige ich den Empfang Ihres Briefes vom 27. l.M. und teile
höfl. mit, dass eine ständige oberstgerichtliche Praxis in An
gelegenheiten nach dem neuen Gesetze über den Schutz der Ehre
und nach der Pressegesetznovelle überhaupt noch nicht existiert.
Es haben wohl früher Entscheidungen des Obersten Gerichtes darauf
hingewiesen, dass zu einer Pressberichtigung derjenige berech
tigt ist, dem die Berichtigung zur Erhebung der Privatklage
wegen strafbarer Handlungen gegen die Ehre für einen anderen
zusteht. Diese Bestimmung ist im neuen Gesetze ausdrücklich
enthalten und hat natürlich keine andere Bedeutung, als festzu
legen, dass auch andere als durch den berichtigten Artikel
tangierte Personen zur Berichtigung legitimiert sind, nämlich
Gatten, Kinder, Enkel, Eltern, Grosseltern Verstorbener,
gesetzliche Vertreter Entmündigter, dann vertretungsbefugte
Funktionäre von Korporationen, juristischen Personen, etc.
Damit ist natürlich nicht ausgedrückt, dass nur im Falle
einer Ehrenbeleidigung die in dem beleidigenden Artikel enthal
tenen Tatsachen berichtigt werden können und die Entscheidung
ist tatsächlich derartig unsinnig, dass es sich empfehlen wird,
sie und die Entscheidung des Erstgerichtes der Generalprokuratur
vorzulegen. Das Institut der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung
des Gesetzes besteht bei uns noch und ich werde versuchen, die
Generalprokuratur zu veranlassen, sie möge die Nichtigkeitsbe
schwerde überreichen.


Mit dem Ausdrucke vorzüglicher Hochachtung
ergebener:
Dr. Turnovsky


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