Sehr geehrter Herr Kollege!


Ihr freundliches Schreiben vom 14. März1935 bin ich erst heute zu beantworten in der Lage, weil
durch die Vorlesungstätigkeit und sonstige Arbeit des
Herrn K. eine Konferenz unmöglich war. Soweit wir die Ange
legenheit telephonisch besprechen konnten, kann ich Ihnen
berichten, dass Herrn K. und mir der von der Gegenseite vor
geschlagene Wortlaut der Erklärung sogar lieber ist, als
die seinerzeit von mir angegebene Fassung, die nach einer
nur flüchtigen Information in Krankheitstagen von mir
stilisiert war. Die Worte meiner Fassung „auf das Schwerste“
vermehren nämlich nicht den moralischen Wert der Erklärung
sondern vermindern ihn, da dieser umso grösser ist, je
geringfügiger die Beleidigung war. Nichtsdestoweniger hat
Herr K. Bedenken, von dem einmal von der Gegenseite verlangten
Wortlaut abzugehen, weil dies wie eine Unsicherheit aussehen
könnte. Darüber könnte man aber vielleicht hinwegkommen, indem
man der Gegenseite darlegt, dass man eben die von ihr vor
geschlagene Erklärung für besser hält und aus welchem Grunde,
auch mit gef. Erwähnung des Umstandes, dass Herr K., dem in
jedem Falle die einfache Zurückziehung am sympathischesten
ist, mir die Stilisierung in den Tagen einer Erkrankung
überlassen hatte. Wenn Sie meine Ansicht teilen, so würde
ich Sie also bitten, mit dem gegnerischen Anwalt in Ver
bindung zu treten und ihm die Mitteilung zu machen, dass
man in der oben dargelegten Erwägung Vergleichsvorschlag
annimmt, resp. den abgeschlossenen Vergleich nicht widerruft.


Bei dieser Gelegenheit musste auch eine mir leider
unterlaufene unrichtige Stilisierung des letzten Satzes ver
bessert werden. Der letzte Satz müsste heissen: „Wir be
dauern die beleidigenden Behauptungen und widerrufen sie.“


Indem ich Ihnen die besten Grüsse und den Dank des
Herrn K. übermittle und Sie auch selbst herzlichst grüsse,
zeichne ich


mit vorzüglicher kollegialer Hochachtung
Ihr ergebener


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