Sehr geehrter Herr Kollege!
Ich bestätige Ihnen mit
bestem Dank den
Empfang Ihres
freundlichen Schreibens vom 20. Februar 1935. Ich
glaube, dass man vorerst
riskieren soll, ob das Gericht eine
vollständige Uebersetzung
des Aufsatzes „Hüben und Drüben“
verlangt und erst versuchen
soll, in eigener Uebersetzung die
prozessrelevanten Stellen
zur Kenntnis des Gerichtes zu bringen.
Ich glaube, dass das Gericht sich umsomehr mit dieser Auswahl
begnügen wird, wenn auch die
Gegenseite nicht alle Uebersetzungen
zum Termin vorlegen kann.
Sollte das Gericht gleichwohl auf die
Uebersetzung des Aufsatzes Wert legen, so wäre ich eher dafür,
eine solche anfertigen zu
lassen, als ein Sachverständigengutachten
zu beantragen. Dies in der
folgenden Erwägung: Alle Sachver
ständigen, die in Betracht
kämen, auch Herr Professor OttokarFischer, könnten durch eigenes Dazwischenreden die Meinung der
Richter über den Aufsatz beeinflussen und es ist zu erwarten,
dass sie dies tun werden,
dass sie vielleicht auch ihre eigene
Enttäuschung über die
Stellungnahme Kraus’ für die Regierung
Dollfuss zum Ausdruck bringen werden. Diese Gefahr besteht
bei
der Vorlage einer
Uebersetzung nicht. Allerdings besteht auch
bei dieser die Möglichkeit,
dass der Uebersetzer die kräftigsten
Stellen abschwächt, doch
sind Sie ja dann gewiss in der Lage, bei
Ihrer ausgezeichneten
Beherrschung beider Sprachen, einem
solchen Versuch
entgegenzutreten. Dass vielleicht durch das
Verlangen auf Vorlage einer
Uebersetzung die Verhandlung neuer
lich vertagt werden muss,
erscheint Herrn K. als das kleinere
Uebel. Sollte dennoch ein
Sachverständigenbeweis in Betracht
kommen, so könnte man
vielleicht Herrn Heinrich Fischer als
Kenner der Werke des Herrn K. als Sachverständigen vorschlagen,
wenn er sein Gutachten in
tschechischer Sprache abzugeben im
stande ist. Als Uebersetzer
käme ja, wenn Sie niemanden neutra
leren wissen, Herr Professor
Otokar
Fischer oder Herr Jan Münzer
in Betracht, doch musste,
wie erwähnt, ihre Uebersetzung genau
überprüft werden. Sie haben
nun die Erwägungen, die wir zu Ihren
Fragen angestellt haben. Die
Entscheidung müssen wir selbstver
ständlich Ihnen überlassen,
die Sie in der so oft bewährten Um
sicht sicher richtig treffen
werden.
Indem ich Sie herzlichst
grüsse, zeichne ich
mit
vorzüglicher kollegialer
Hochachtung
als Ihr
ergebener