Abschrift.
Als Rechtsanwalt des Herrn
Karl
Kraus, Heraus
gebers der Zeitschrift „Die
Fackel“ in Wien, ersuche ich
im Sinne des § 11 der Pressgesetznovelle um die Veröffent
lichung der nachstehenden
Berichtigung.
Hochachtungsvoll
Pressberichtigung
der in No. 90 des „Prager Tagblatt“ vom 16. April
1936
unter dem Titel
„Prozess Karl Kraus
– ‚Sozialdemokrat‘“
veröffentlichten Nachricht.
Es ist
unwahr, dass gestern
von
einem Senat des Strafgerichtes in Prag unter
Vorsitz des
Obergerichtsrates Tisek ein Prozess beendet wurde, welchen der
Eigentümer und Herausgeber der
Zeitschrift „Die Fackel“ in Wien
Karl Kraus gegen
den verantwortlichen Redakteur der Zeitschrift
„Sozialdemokrat“ in Prag
Doktor Emil
Strauss wegen des Inhaltes
eines Artikels vom 10. August 1934
anhängig gemacht hat,
wahr ist
vielmehr, dass
bei der am
15. April 1936 abgehaltenen Verhandlung der Prozess
nicht beendet, sondern aus einem
formalen Grunde ein Urteil ge-
fällt worden ist, gegen welches
die Nichtigkeitsbeschwerde ange
meldet wurde.
Es ist
unwahr, dass sich der Privatkläger
insbesondere durch den Vorwurf, dass er sich dem
österreichischen Regime
gleichgeschaltet habe, beleidigt fühlte,
wahr ist
vielmehr, dass er
in
gleichem Masse sowohl diese, als auch zahlreiche andere,
dem wahren Sachverhalte
widersprechende Behauptungen für be
leidigend erachtet und deshalb
die Klage überreicht hat.
Es ist
unwahr, dass das Gericht
bei einer Reihe von
Hauptverhandlungen die von beiden Parteien
angebotenen Beweise teilweise durchgeführt hat,
wahr ist
vielmehr, dass bei
den
Hauptverhandlungen nur die Beweise durch Verlesung des inkriminierten Artikels, sowie eines am
28. April 1934 im „Sozialdemokrat“erschienenen, dem Privatkläger
huldigenden Artikels angetreten worden
sind und dass weder die
beantragten, noch diese Beweise bisher
Gegenstand der Beurteilung waren.
Es ist
unwahr, dass bei der gestrigen
letzten Hauptverhandlung der Verteidiger des Dr. Emil
Strauss
seine Ausführungen durch den
Hinweis auf den Umstand ergänzte,
dass der Privatkläger bei
Erledigung eines anderen Prozesses
zwischen den gleichen Parteien
sich die Fortsetzung dieses
Prozesses überhaupt nicht vorbehalten und daher gemäss § 18des Gesetzes über den Schutz
der Ehre das Klagerecht verloren
hat,
wahr ist
vielmehr, dass der
Verteidiger des Dr. Emil Strauss schon vor der Verhandlung
in einer schriftlichen, nach
fast zweijähriger Fortführung
des
Prozesses überreichten Eingabe, auf die er bei der Ver
handlung hinwies, zur
Verteidigung des Angeklagten angeführt
hat, der Kläger
sei des Klagerechtes gemäss § 18 des Ehrenschutzgesetzes verlustig
geworden; und zwar, weil er sich
bei der Verhandlung in einem später vom Privatkläger gegen
den
Angeklagten
angestrengten Prozesse, in welchem sich der Angeklagte zur
Veröffentlichung des Widerrufes ähnlicher Beleidi
gungen, zur Bezahlung der
Verfahrens – und Anwaltspesen und
zu einer Busse zu Gunsten der Arbeitslosen der Hauptstadt Prag
verpflichtete, die
Weiterverfolgung der im ersten Prozesse
unter Anklage gestellten
Beleidigungen nicht vorbehalten habe.
Diesen Vorbehalt hat der Anwalt des Klägers in
der Bestimmung
des § 18 des Ehrenschutzgesetzes, welcher sich ausdrücklich
und ausschliesslich auf „Gegenseitige
Klagen“ bezieht, nicht
für begründet erachtet.