Prager Tagblatt, 5.5.1936


Sehr geehrter Herr Kollege!


Auf mein Schreiben vom 23. Mai 1936, dessen
Durchschlag ich Ihnen eingesendet habe, hat das „Prager Tagblatt“ mit Zuschrift vom 26. Mai 1936 laut Beilage 1/ (in Ab
schrift) geantwortet. Es besteht also die Möglichkeit durch
einen Brief, den entweder Sie oder ich an das „Prager Tagblatt
richten könnte, die Lügen zurückzuweisen. Allerdings wäre nach
der merkwürdigen Entscheidung, die Sie in Ihrem Brief vom 28.Mai 1936, für den ich auch im Namen des Herrn K. herzlichst dan
ke, erwähnen und die wir auch selbst gelesen haben, dadurch viel
leicht die Möglichkeit genommen, die Ehrenbeleidigungsklage ge
gen Dr. Schwelb einzubringen, von der ich Ihnen einen Entwurf ein
sende, um Sie zu informieren, wie ich mir die Darstellung des
Sachverhaltes in der Klage vorstelle, wobei selbstverständlich
die endgiltige Fassung und die Anpassung an die tschechoslo
vakischen Gesetze Ihnen überlassen bleiben müsste, ebenso die
Aenderungen für den Fall, dass nur Dr. Schwelb angeklagt wird.
Wenn es möglich wäre, trotz dem Abdruck der Zuschrift an das
Prager Tagblatt“ die Klage gegen Dr. Schwelb einzubringen, wäre
dies Herrn K. und mir am liebsten. Wenn das „Prager Tagblatt
den Abdruck der Zuschrift verweigert, so bin ich dafür, diese
Klage einzubringen, die mir juristisch und auch in tatsächlicher
Beziehung weitaus interessanter erscheint als die Klage gegen
den Bericht des „Sozialdemokrat“, von dem Herr K. nach wie vor
der Meinung ist, dass eine Verurteilung des Herrn Dr. Schwelb
nicht zu erzielen sein dürfte, da ihm, wenn er auch Informator des
Prozessvorganges war, keineswegs nachzuweisen sein wird, er sei
auch der Informator bezüglich der beleidigenden Stellen. Der al
lerdings grosse Vorteil, den die Klage gegen Dr. Schwelb bietet,
ist, dass man dadurch den verantwortlichen Redakteur seines Verteidigers beraubt und schon in diesem Prozess feststellen lassen
kann, dass Herr Dr. Schwelb der Verfasser des Berichtes sei, den das
Pressbüro ausgesendet hat.


Die Klage wegen § 14 des Pressgesetzes bitte ich
Sie einzubringen. Ich glaube, dies schon in einem Brief mitge
teilt zu haben.


Indem ich Ihnen die besten Grüsse des Herrn K.
übermittle und Sie auch selbst bestens grüsse, zeichne ich mit
vorzüglicher


kollegialer Hochachtung


3 Beilagen.


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