Sehr geehrter Herr Kollege!


Mit dem besten Dank auch von seiten des
Herrn Kraus bestätige ich Ihnen den Empfang Ihres freund
lichen Schreibens vom 9. Januar 1936. Zu der uns eingesendeten
Schöffenliste können wir keine Stellung nehmen und über
lassen Ihnen die Auswahl. Das Schöffenverzeichnis sende ich
zurück.


Wahrscheinlich werden die Gegner die gleiche
Verschleppungstaktik einschlagen, wie wir dies aus den Prager
Prozessen gewohnt sind. Wie Ihnen vielleicht bekannt sein
dürfte, haben dort die Gegner zuerst einen Antrag gestellt,
zum Nachweis der Gesinnungsänderung des Herrn Kraus eine
Vorlesung von ca. 2000 Seiten aus seinen Schriften vorzunehmen
und sich erbötig gemacht, zu diesem Zwecke innerhalb von
sechs Monaten eine Uebersetzung der Schriften vorzulegen.
Nach Ablauf der Frist, in der selbstverständlich die Ueber
setzung nicht vorgelegt wurde, haben die Gegner einen Delegie
rungsantrag gestellt, den sie damit begründeten, dass dem
verantwortlichen Redakteur aus materiellen Gründen die Vorlage
der Uebersetzung nicht möglich gewesen sei. Dieser Delegierungs
antrag wurde bereits rechtskräftig abgewiesen. Ich habe nun
aus Anlass der Befassung mit dem Delegierungsantrag
Herrn Dr. Turnovsky eine von mir gemeinsam mit Herrn Kraus
verfasste Aeusserung übermittelt, die vielleicht für Sie
eine instruktive Information enthält, wie es mit den von
der Gegenseite immer wieder vorgebrachten „Widersprüchen“
zu halten ist. Ich übersende Ihnen daher einen Durchschlag
dieser Aeusserung, bitte Sie aber, ihn mir nach Beendigung
des Prozesses zurückzusenden, da ich kein weiteres Exemplar
besitze.


Mit vorzüglicher kollegialer Hochachtung
Ihr ergebener


2 Beilagen.


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