Sehr geehrter Herr Kollege!


Auf Ihr Schreiben vom 24. Februar 1936 und
dem als Beilage eingesendeten Schriftsatz der Gegenseite, für
die ich Ihnen auch im Namen des Herrn K. bestens danke, habe ich
mich sofort an die Arbeit gemacht, um Ihnen das gewünschte Material
zur Beantwortung des Schriftsatzes zur Verfügung zu stellen,
respektive, ich habe sogar versucht, den Entwurf eines Gegen
schriftsatzes zu machen, aus dem Sie dann das notwendige Material
entnehmen und, soweit es Ihnen passend erschienen wäre, ganze Stel
len verwenden hätten können. Das, was aber dabei herausgekommen
ist, war zwar für einen ersten Entwurf vielleicht ganz passabel,
konnte aber die Materie nicht erschöpfen und ausserdem fehlt mir
augenblicklich die dringend notwendige Mithilfe des Herrn K., der
gestern auf 9 Tage nach Prag gereist ist. Ich habe ihm den Ent
wurf und den gegnerischen Schriftsatz mit auf die Reise gegeben;
nicht zuletzt hat er diese Stücke deshalb mitgenommen, weil er
auf den glücklichen Zufall rechnet, dass Sie möglicherweise in
dieser Zeit in Prag beruflich zu tun haben könnten, wodurch
ihm die Gelegenheit gegeben wäre, die Angelegenheit mit Ihnen
ausführlich zu besprochen, bevor wir an dem Schriftsatz weiter
arbeiten. Sollte dieser glückliche Zufall jedoch nicht eintreten,
so lässt er Sie fragen, ob Sie in der nächsten Zeit nicht ein
mal beruflich oder privat in Wien zu tun hätten, so dass man
die Besprechung hier haben könnte. Jedenfalls lässt er Sie aber
bitten, den Termin für die Erstattung unseres Schriftsatzes
möglichst weit hinaus erstrecken zu lassen. Wenn die Gegenseite
sich fast 1½ Jahre dazu Zeit lassen konnte, um dieses klägliche
Elaborat am Tage vor der Hauptverhandlung einzubringen, so muss
uns doch die Möglichkeit gegeben werden, in Ruhe eine Gegen
schrift zu verfassen, nicht aber innerhalb einer Zeit von 14 Ta
gen. Ich bitte Sie, mir mitzuteilen, welche Fristerstreckung
durchzusetzen Ihnen gelungen ist und ferner, ob die Hoffnung
besteht, Sie vor Ablauf der Frist zu einer Besprechung in Wien
begrüssen zu dürfen.


Mit vorzüglicher kollegialer Hochachtung


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