Sehr geehrter Herr Doktor!
Betrifft: Arbeiterzeitung.
Ueber Herrn Dr. Richard Liška habe ich Folgendes
erfahren:
Er war bereits unter Oesterreich
in diplomatischen
Diensten,
während des Krieges im Aussenministerium in Wien und wurde
nach dem Umsturze vom
tschechischen Staate in die Dienste des
Aussenministeriums übernommen.
Hier hat er sich sehr bewährt und es
bis zum Chef der
Wirtschaftssektion gebracht. Ende 1925 hat er sich
freiwillig pensionieren lassen,
da ihm das Beamtenrestriktionsgesetz
die Möglichkeit der Erlangung
einer angemessenen Pension / cca Kč 2200.–
monatlich / gewährt hat. Nach
seiner Pensionierung hat er seine medi
zinischen Studien beendet und übt
jetzt seine Praxis als Arzt aus.
Er soll ziemlich viel zu tun haben, und bei seinen Patienten sehr be
liebt sein. Er wird als in jeder
Hinsicht einwandfreier und sehr
geachteter Mann geschildert. Beim Aussenministerium hat er
sich
nichts zu schulden kommen
lassen, im Gegenteil er soll dort gros
ses Ansehen genossen haben. Er
gehört keiner politischen Partei
an und ist also politisch in keiner Weise diskreditiert.
Nach dieser von seriöser
Seite erteilten Auskunft
besteht kein Hindernis, Herrn Dr. Liška in
Prozessen des Herrn K.
als Zeugen zu führen.
Da Sie schreiben, dass der genannte Herr
ein fanatischer Anhänger des
Herrn K. ist, könnte ich doch wohl mit
ihm selbst sprechen und ihn
fragen, ob er bereit wäre, als Zeuge
aufzutreten und bei dieser
Gelegenheit in entsprechender Weise
aus ihm herausholen, ob er
selbst der Ansicht ist, dass die Geg
ner gegen seine Person
keinerlei Einwendung erheben können.
Betrifft: Sozialdemokrat.
Auf Ihr w. Schreiben vom 15. d.M. gestatte ich
mir mitzuteilen, dass nach
meiner Ansicht der im „Sozialdemokrat“
erschienene Prozessbericht zum
Gegenstande einer Anklage gegen
Dr. Schwelb und Dr.
Strauss gemacht werden sollte. Ich bin über
zeugt, dass der ganze Prozessbericht von Dr. Schwelb verfasst wor
den ist und dass an ihm
keine redaktionellen Veränderungen vorge
nommen worden sind. Dr. Schwelb wäre auch sonst für den Bericht
ver
antwortlich, weil er
nicht behaupten kann, er sei nicht der Infor
mator des „Sozialdemokrat“ gewesen. Viel schwieriger wäre es,
ihn
wegen der im „Prager Tagblatt“ erschienenen Berichtigung zu belan
gen. Ich sende Ihnen daher
die Uebersetzung des Klagsentwurfes
ein und bitte mir
mitzuteilen, ob die Klage nach diesem Entwurfe
oder mit allfälligen
Abänderungen überreicht werden soll. Da ich
von Ihnen keine Mitteilung
darüber erhalten habe, ob das zweite
Berichtigungsschreiben mit
Widerruf der ersten Berichtigung abge
sendet werden soll, nehme
ich an, dass Herr K. von der Absendung
dieses Briefes absehen will.
Betrifft: Prager Tagblatt.
Die Erklärung dieses Blattes wird Herr K.
wohl gelesen haben. Es ist
mir nicht klar, inwiefern der erste
Absatz der dem Tagblatt
eingesendeten Erklärung Veranlassung
zur Ueberreichung einer
Ehrenbeleidigungsklage gegen dieses Blatt
seitens
dritter Person geben könnte. Die Streichung – – – – – – – – – –
dieses ersten Absatzes ist
wohl auch als beabsichtigte Vereitelung
des von Herrn K. angestrebten Zweckes zu deuten. Trotzdem weiss
ich nicht, ob man die
Angelegenheit weiter verfolgen soll; die
Ueberreichung der
Ehrenbeleidigungsklage scheint mir nicht sehr
aussichtsreich.
Betrifft: Aufruf, Dr. Bill, Ing.
Butschowitz.
In dieser Sache habe ich
wiederholt wegen Anordnung
der Hauptverhandlung interveniert. Immer wieder hat Dr. Bill die
Anordnung der Verhandlung dadurch aufgeschoben, dass er in Eingaben
und bei persönlichen
Interventionen darauf hingewiesen hat, dass
Ing. Butschowitz krank ist und daher bei der Verhandlung
vorläufig
nicht
erscheinen kann. Auf meine letzte Eingabe, in welcher ich
mit der Aufsichtsbeschwerde
gedroht habe, wurde endlich die Haupt
verhandlung zum 8.VI. l.J.
angeordnet.
Ich muss bemerken, dass
sowohl der „Aufruf“, als auch
die „Europäischen Blätter“ vereinigt mit dem „Aufruf“, die nach dem
Eingehen des ersten Blattes
herausgegeben worden sind, eingegangen
sind, sodass sich für den
Fall eines Vergleiches oder Urteiles die
Frage ergeben wird, in
welchem Blatt die Veröffentlichung einer Sa
tisfaktionserklärung oder
des Urteiles vorgenommen werden soll.
/ „Prager Tagblatt“, „Sozialdemokrat“? /
Ich erbitte mir die
Aeusserung des Herrn K. zu den
hier enthaltenen Anfragen,
bitte, ihm meine besten Grüsse zu bestel
len und zeichne mit
herzlichem Gruss an Sie und mit dem Ausdrucke der
vorzüglichsten Hochachtung
Ihr ergebener