Sehr geehrter Herr Kollege!


Vor allem bestätige ich Ihnen mit
bestem Danke auch von seiten des Herrn K. den Empfang
Ihrer freundlichen Zuschriften vom 13. und 14.V.1936.
Über die Erweiterung seiner Aussage habe ich Herrn
Heinrich Fischer sofort geschrieben. Sehr unangenehm
wäre die Notwendigkeit, den umfangreichen Schriftsatz
in das Tschechische zu übersetzen. Wenn das überhaupt
möglich ist, so wird es eine noch grössere Arbeit sein
als die Verfertigung. Gibt es keinen Weg, dieser Vor
schrift auszuweichen? Der Vorsitzende muss doch die
Schikane dieses Verlangens deutlich empfinden. Viel
leicht weist er einen Weg an, wie man durch eine kon
zentrierte Inhaltsangabe des Schriftsatzes in tsche
chischer Sprache um die Übersetzung herumkäme, dessen
Zweck ja mit der Einverleibung in den Akt und mit dem
Studium durch die Richter vollkommen erfüllt wäre.


Ferner gebe ich Ihnen bekannt, dass
als weiterer Zeuge für die Punkte 3 und 4 der schon
durch Herrn Fischer zu beweisenden Tatsachen neben
Herrn Prof.Dr. Jaray auch ein emeritierter Konsul des
tschechischen Staates, Herr Dr.med., phil. und jur. RichardLiska, Prag XII., Fochova 2, in Betracht käme. Ferner über
sende ich Ihnen zur Verwendung für den Prozess eine aus
dem Jahre 1927 stammende Berichtigung, die an das ‚NeueWiener Journal‘ ergangen ist, zum Beweise der Ablehnung
des Herrn K., irgendeiner Partei angehört oder ihr Ge
folgschaft geleistet zu haben. Ich bitte Sie, auch noch
in Erwägung zu ziehen, ob Herr Dr. Werner nicht mit Rück
sicht auf das mit Ihnen geführte Gespräch doch als Zeuge
über die Absurdität des Vorwurfes, Herr K. könnte aus un
lauteren Motiven seine politische Meinung geändert haben,
geführt werden soll. Selbst wenn dieser Zeuge aussagt,
dass er den politischen Standpunkt des Herrn K. nicht ein
nimmt, und seine Meinung in dieser Richtung nicht teilt,
so wäre die Bekundung über die Unmöglichkeit eines un
lauteren Motives vielleicht doch von Vorteil, ja vielleicht
gerade wegen der gegenteiligen Meinung von besonderem
Wert.


Ich erbitte mir hiezu Ihre Meinungsäusserung
und bin, indem ich Ihnen die besten Grüsse des Herrn K.
übermittle und Sie selbst bestens grüsse, mit vorzügli
cher, kollegialer Hochachtung,


Ihr ergebener


2 Beilagen.
rek.


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