Uebersetzung.
Berufung:
Ich fühle mich durch den
Ausspruch des ange
fochtenen Urteils in der Frage der Schuld beschwert.
Durch die Ueberreichung des
vorbereitenden
Schriftsatzes vom 18.II.1936 habe ich bloss mein
Verteidigungs
recht ausgeübt und die Grenzen dieser Berechtigung habe ich
in keiner Weise
überschritten. Ueber die Behauptung sub IX, dass näm
lich K.K. der Ansicht war, der čsl. Nation gebühre nicht der
Anspruch auf
Selbstständigkeit, habe ich als Beweis die österr.
Ausgabe der Zeitschrift die
Fackel Nr. 912–915 angeboten.
Das Erkenntnisgericht hat jedoch festgestellt,
dass angeblich in den
angeführten Nummern jener Passus über
die Partei, welche den
Hausherrn hinausgeworfen hat, nicht ent
halten sei.
Zunächst muss betont werden,
dass eingeklagt
wurde meine
Behauptung über K., dass nach seiner Meinung
die
čsl. Nation angeblich
meinen Anspruch auf Selbstständigkeit ge
habt habe, keineswegs mein
weiterer Passus über die Partei,
welche den Hausherrn
hinausgeworfen hat.
Die gerade erwähnte
Behauptung ist auf der
letzten
Seite des Artikels „Die Handschrift des Magiers“
im Heft
912/915 zu finden. In diesem Artikel führt der Ver
storbene K.K. aus: „Wenn das jetzige Oesterreich,
das …
/ es folgt das
Zitat dieses Absatzes bis zu den Worten: dubios
abgeschrieben
ward.“
Der Privatkläger hat sich zwar bemüht in seinem vorbe
reitenden Schriftsatz dieses Zitat als Vorwurf zu erklären,
welcher der sozialdemokratischen Partei gemacht wurde, dass
sie Bekessy, den grössten Revolverjournalisten in Wien, in
Schönbrunn einquartiert hatte und dass sich
nur auf diesen der
gerade
angeführte Passus „über die
Wohnungsfrage“ bezog.
Aber diese Auslegung Ks. überzeugt überhaupt nicht. Denn es
kann durch die nicht die
gerade vorhergehende Erwähnung über
die Gespensterfurcht erklärt
werden. Demgegenüber hat K.K.
das gleiche Wort in seinen
Artikel mit der Ueberschrift
„Gespenster“ im Fackelheft Nr. 514/518 gebraucht, in dem
er auf die Glückwünsche Karl Seitz’ zur Erreichung des 20.
Jahres der Fackel reagiert. Gerade in diesem Artikel benützt
er
jene Bezeichnung „Gespenster“ von den Habsburgern. In
einem ähnlichen
antihabsburgischen Sinne hat sich K.K. auch
in der Fackel
Nr. 561/567 geäussert.
Der oben gesperrt zitierte
Ausdruck Ks. / Anmerkung:
gesperrt erscheinen die
Worte: eine Wohnungsfrage zu
Gunsten
der Besitzer
entscheidet / über die Frage der Wohnungen, die
zu Gunsten der Besitzer
gelöst wurde, hat keinen andern Sinn,
als dass K.K. die Habsburger als rechsgiltige Besitzer be
zeichnete, welche
Oesterreich bis zum Jahre 1918 besassen.
Wenn K.K. seine Behauptung über die Besitzerrechte den nun
mehrigen
Besitzern gegenüberstellt, wobei er als diese die
Nachfolgestaaten des
jetzigen Oesterreichs meint, muss er notwendigerweise
dieselbe Meinung auch über
die übrigen Nachfolgestaaten der
österr. ung. Monarchie und
daher auch über die Č.S.R. haben.
Anerkennt er doch durch den
oben zitierten Artikel einzig die
Besitzerrechte der
Habsburger als gerechtfertigt und bestreitet
dadurch allen
Nachfolgestaaten den Anspruch auf Selbstständig
keit. Schliesslich im Heft
der Fackel 514/18 auf Seite 25 sagte
K.K.: „Wenn Prag die Hauptstadt von Oesterreich Ungarn wird
…“,
woraus am
besten hervorgeht, was für eine Meinung K.K. von
der
Č.S.R. hatte.
Es ist daher meine Ansicht
gerechtfertigt, dass K.K. die
Ansicht hatte, die čsl.
Nation habe keinen Anspruch auf Selbst
ständigkeit.
Was es endlich die österr.
Ausgabe der Zeitschrift die Fackel
anlangt,
betone ich, dass ich die oben zitierte Aeusserung in der
österr. Ausgabe las und ich
kann nichts dafür, dass ich jene
Meinung des Privatklägers gerade in der österr. Ausgabe gelesen
habe. Aus dem Umstand, dass
in meinem vorbereitenden Schriftsatz
jene österr. Ausgabe mit
grossem Buchstaben angeführt ist, was
übrigens auch nicht richtig
ist, weil mit grossen Buchstaben dort
alle Beweise angeführt sind,
die an erster Stelle genannt wurden,
kann mir noch keine
Herabsetzungsabsicht zugeschrieben werden.
Wurde doch jener
vorbereitende Schriftsatz auf der Maschine in
der Kanzlei meines Verteidigers in meiner Abwesenheit und ohne
meine Ingerenz geschrieben.
Ich kann daher nichts dafür, dass
die Kanzlei jenes Wort etwa
mit grossem Buchstaben geschrieben
hat.
Schliesslich hat der Privatkläger selbst zugegeben, dass
doch eine Differenz zwischen
der čsl. und der österr. Ausgabe
existiert und zwar gerade in der Angabe des Preises. Es wurde
mir in keiner Weise
nachgewiesen, dass ich tatsächlich absicht-
lich meinem Verteidiger den Auftrag gegeben hätte, er möge
durch eine auffällige
Niederschrift des Wortes „österrei
chische“ dem angeführten
Beweis irgend eine beleidigende
Färbung geben.
Ueber alle angeführten
Umstände, insbesondere über die
Richtigkeit des Sinnes des
im Anfang zitierten Artikels
Ks.
biete ich die Zeugenschaft
des Dr. Franz Brügel, des Privat
sekretärs des Gesundheitsministers in Prag
an.
Schliesslich mache ich das
hohe Berufungsgericht darauf
aufmerksam, dass die
Schriftsätze des Privatklägers in einem
so scharfen Ton geschrieben
sind, dass ich genötigt war, bei
der Niederschrift des Schriftsatzes einen schärfern Ton zu
benützen. Durch diese Klage
bemüht sich jedoch der Privatankläger um jeden
Preis mich von der Durchführung einer wirksa
men Verteidigung
abzuschrecken, was nach der Bestimmung des
§ 6
Abs. 1 des Ehrenschutzgesetzes diese Gesetzesbestimmung
gerade ausschliessen will.
Ich behaupte daher, dass ich
den inkriminierten Ausdruck gerade im Rahmen der zitierten
Vorschrift nur zur
Durchführung meiner notwendigen Verteidi
gung gebraucht habe.
Aus allen angeführten
Gründen beantrage ich …